Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Wird das Hilfsgeschäft steuerbar im Inland ausgeführt, muss geprüft werden, ob eine Steuerbefreiung anzuwenden ist. Die Steuerpflicht des Hilfsgeschäfts richtet sich grds. nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes.
Bei den steuerbaren Hilfsgeschäften kann aber über die regulären Steuerbefreiungsvorschriften hinaus eine besondere Steuerbefreiungsvorschrift einschlägig sein: Wenn der Unternehmer den Gegenstand bisher ausschließlich für steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze nach § 4 Nr. 8–27 und 29 UStG verwendet hat, ist auch der Verkauf dieses Gegenstands ein steuerfreier Umsatz nach § 4 Nr. 28 UStG.
Gesamter Verwendungszeitraum ist zu betrachten
Für die Beurteilung nach § 4 Nr. 28 UStG – also ob der Gegenstand für steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze verwendet wurde – kommt es nicht nur auf die Verwendung des Gegenstands im laufenden Kalenderjahr an, sondern auf die Nutzung während des gesamten Verwendungszeitraums.
Steuerfreie Veräußerung
Versicherungsvertreter V, der ausschließlich nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfreie Umsätze ausführt, verkauft ein zum Unternehmen gehörendes Fahrzeug. Beim Kauf des Fahrzeugs konnte V keinen Vorsteuerabzug vornehmen.
Der Verkauf des Fahrzeugs fällt als Hilfsgeschäft in den Rahmen des Unternehmens und ist somit steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Da V das Fahrzeug aber während des gesamten Nutzungszeitraums ausschließlich für steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze verwendet hatte, ist der Verkauf des Fahrzeugs nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei.
Bei Unternehmern, die nicht ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8–27 und 29 UStG ausführen, lässt die Finanzverwaltung darüber hinaus im Rahmen einer Vereinfachungsregelung eine Verwendung des Gegenstands bis zu 5 % für vorsteuerabzugsberechtigende Ausgangsleistungen zu, soweit der Unternehmer auf einen anteiligen Vorsteuerabzug verzichtet hat.
Geringfügige Verwendung für steuerpflichtige Umsätze
Zahnarzt Z hatte im Kalenderjahr 2021 einen Computer erworben, den er fast ausschließlich für seine steuerfreien Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG verwendet. In geringfügigem Umfang (3 %) nutzt er diesen Computer auch für steuerpflichtige zahntechnische Umsätze. Z verzichtete im Jahr 2021 auf den anteiligen Abzug der Vorsteuer aus der Anschaffung des Computers. Im Dezember 2023 verkauft Z den Computer zu einem angemessenen Kaufpreis an einen Mitarbeiter der Praxis.
Der Verkauf des Computers ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG als Hilfsgeschäft steuerbar, aber nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei, da der Computer bisher fast ausschließlich für steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG verwendet und auf einen Vorsteuerabzug für die steuerpflichtige – geringfügige – Verwendung verzichtet wurde.
Wird die Geringfügigkeitsgrenze von 5 % überschritten, unterliegt der Verkauf insgesamt nicht der Befreiung nach § 4 Nr. 28 UStG; der Verkäufer muss Umsatzsteuer aus dem Verkaufspreis an sein Finanzamt abführen. Eine anteilige Steuerbefreiung kann nicht gewährt werden. Soweit der Verkauf aber innerhalb des Vorsteuerberichtigungszeitraums nach § 15a UStG stattfindet, kann durch den steuerpflichtigen Verkauf eine Vorsteuerberichtigung ausgelöst werden, da ab Verkauf der Gegenstand fiktiv so als verwendet gilt, wie der Verkauf stattgefunden hat.
Vorsteuerberichtigung durch Verkauf
Versicherungs- und Handelsvertreter V hatte Anfang Januar 2022 ein Fahrzeug für 25.000 EUR zzgl. (19 %) Umsatzsteuer i. H. v. 4.750 EUR erworben. Da er plant, das Fahrzeug zu 10 % für steuerpflichtige Umsätze und zu 90 % für steuerfreie Umsätze zu verwenden, hatte er im Jahr 2022 10 % Vorsteuer (475 EUR) geltend gemacht. Am 2.1.2024 veräußert er das Fahrzeug für insgesamt 14.280 EUR.
Der Verkauf des Fahrzeugs ist als Hilfsgeschäft steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und unterliegt auch keiner Steuerbefreiung; § 4 Nr. 28 UStG ist wegen der 10 %igen steuerpflichtigen Nutzung nicht anwendbar. Aus dem Verkaufspreis schuldet V 19 % Umsatzsteuer, sodass sich eine Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG i. H. v. 12.000 EUR und eine Umsatzsteuer i. H. v. 2.280 EUR ergibt. V kann allerdings eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 8 UStG vornehmen, da der Verkauf anders zu beurteilen ist, als dies bezüglich des Vorsteuerabzugs bei Erwerb der Fall war. Für 3 Jahre steht ihm noch die Differenz von der bisher abgezogenen Vorsteuer von 10 % zu 100 % zu, sodass sich eine Berichtigung zu seinen Gunsten i. H. v. 2.565 EUR ergibt (4.750 EUR × 3/5 × 90 %).
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG ist – soweit die Voraussetzungen dafür vorliegen – zwingend anzuwenden. Ein Verzicht auf die Steuerbef...