Leitsatz
Der von den Familienkassen in vielen Fällen bei Kindergeldaufhebungsbescheiden hinter der Rechtsbehelfsbelehrung angefügte "Wichtige Hinweis", wonach erneut ein Antrag auf Festsetzung des Kindergeldes gestellt werden kann, wenn nach Ablauf des Jahres feststeht, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag nicht überschritten haben, führt dazu, dass die Rechtsbehelfsfrist nicht zu laufen begonnen hat.
Sachverhalt
Der Kläger bezog Kindergeld für seine am 10. 10. 1981 geborene Tochter, welche sich bis zum 31. 7. 2004 in Ausbildung befand. Mit Bescheid vom 16. 8. 2004 hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes ab dem Monat Januar 2004 auf, da das Einkommen der Tochter in der Zeit von Januar bis Juli 2004 voraussichtlich den anteiligen Grenzbetrag von 4.480 € (7/12 aus 7.680 €) übersteigen würde. Auf dem Bescheid findet sich hinter der Rechtsbehelfsbelehrung folgende Anmerkung: "Wichtiger Hinweis: Falls nach Ablauf des Jahres feststeht, dass die Einkünfte und Bezüge Ihres Kindes den Grenzbetrag nicht überschritten haben, können Sie einen erneuten Antrag auf Festsetzung des Kindergeldes stellen". Mit Antrag vom 23. 8. 2005 hat der Kläger erneut die Festsetzung des Kindergeldes beantragt, da bei Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge die maßgebliche Einkommensgrenze unterschritten werde. Unter Hinweis auf die Bestandskraft des Aufhebungsbescheides wurde dieser Antrag abgelehnt.
Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichtes kann es dahinstehen, ob der Ablehnungsbescheid vom 16. 8. 2004 trotz bereits erfolgter Beendigung der Ausbildung noch als Prognoseentscheidung anzusehen und dadurch nach § 70 Abs. 4 EStG abänderbar war. Denn falls eine Änderungsmög- lichkeit nicht bestehen sollte, wäre der der Rechtsbehelfsbelehrung beigefügte "wichtige Hinweis" eine unzutreffende Belehrung gewesen, mit der Folge, dass die Rechtsbehelfsfrist nicht zu laufen begonnen hätte. Denn durch den Hinweis ist der Eindruck erweckt worden, der Kläger könne untä- tig bleiben, ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Das Finanzgericht hat die Familienkasse aus den genannten Gründen verpflichtet, dem Kläger das beantragte Kindergeld zu gewähren.
Hinweis
Das Urteil, gegen das die Revision zugelassen und auch eingelegt wurde (Az. beim BFH III R 70/06) ist für alle Fälle von Bedeutung, in denen die Familienkasse den o.a. "wichtigen Hinweis" angebracht hat. In diesen Fällen sollte die nachträgliche Festsetzung von Kindergeld unter Hinweis auf dieses Urteil beantragt werden. Eine Prüfung ob es sich bei dem Ablehnungsbescheid um eine Prognoseentscheidung gehandelt hat oder nicht ist nicht vorzunehmen. Sollte die Familienkasse den Antrag ablehnen ist Einspruch einzulegen und unter Hinweis auf das o.a. Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 zu beantragen.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 07.06.2006, 10 K 4546/05