Leitsatz
Der typisierte Zinssatz von 6 %, mit dem die auf Überentnahmen entfallenden nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG zu ermitteln sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Zinssatzes gemäß § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG. In dem Einspruchs- und Klageverfahren wandte sich die Klägerin mit verfassungsrechtlichen Einwänden gegen die Höhe der Hinzurechnungen. Sie begehrte, den Hinzurechnungen einen Prozentsatz von 2,9 % statt des gesetzlich vorgesehenen Satzes von 6 % zugrunde zu legen. Hier gälten die gleichen Bedenken wie gegen den Zinssatz in § 238 AO. In den Streitjahren, während der anhaltenden Niedrigzinsphase, habe der typisierte Zinssatz keinen Bezug mehr zum langfristigen Marktzinsniveau; der angemessene Rahmen einer wirtschaftlichen Realität sei erheblich überschritten.
Entscheidung
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, da die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin nicht berechtigt seien. § 4 Abs. 4a EStG bezwecke die nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassenen Zinsaufwendungen in pauschalierter Art und Weise festzustellen. Die Regelung, dass die nichtabziehbaren Schuldzinsen typisiert mit 6 % der Überentnahmen des Wirtschaftsjahres zu ermitteln seien, diene einem Vereinfachungszweck, welcher die in der Abkehr vom Individualmaßstab liegende Gleichbehandlung von Ungleichem vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertige. Insbesondere erspare sie dem Steuerpflichtigen wie der Verwaltung eine genaue umfangmäßige und zeitanteilige Zuordnung der angefallenen Zinslasten, die sich letztlich nur bei einer liquiditätsbezogenen Betrachtungsweise leisten ließe. Das BVerfG, Beschluss v. 8.7.2021,1 BvR 2237/14 und BFH, Beschluss v. 8.7.2021, 1 BvR 2422/17) über die Verfassungsbeschwerden betreffend der Vollverzinsung nach den § 233a AO und § 238 Abs. 1 AO entschieden, dass Typisierung bedeute, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen.
Hinweis
Das FG hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen; der BFH hat mit BFH, Gerichtsbescheid v. 22.3.2022, IV R 19/19, eine Vorlage der aufgeworfenen Frage der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes in § 4 Abs. 4a EStG als "etwa erforderlich" eingestuft.
Die Revision ist beim BFH anhängig, Az beim BFH IV R 8/24.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil v. 27.03.2024, 15 K 1131/19 G,F