Leitsatz
1. Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass Miet- oder Pachtaufwendungen, die ohne das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG nach § 255 Abs. 2 und 2a HGB Herstellungskosten immaterieller Wirtschaftsgüter wären, die bereits im Jahr der Herstellung aus dem Anlagevermögen ausscheiden, nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG hinzugerechnet werden, obwohl eine Hinzurechnung bei der Herstellung materieller Wirtschaftsgüter unterbleiben würde.
2. Zur Zuordnung angemieteter Gegenstände zum fiktiven Anlagevermögen eines Filmherstellers.
Normenkette
§ 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG, § 5 Abs. 2 EStG, § 255 HGB
Sachverhalt
Die klagende GmbH stellt Filme als Einzelprojekte her, die an unterschiedlichen Drehorten mit unterschiedlicher technischer Ausrüstung, Kostümen und Requisiten gedreht werden. Die dafür benötigten Räumlichkeiten und Gegenstände werden angemietet und unverschlissen an den jeweiligen Vermieter zurückgegeben.
Das FA führte für 2010 bis 2012 eine Außenprüfung durch, bei der Mietzahlungen u.a. für folgende Positionen festgestellt wurden: Steadycam, Kameraanlage, Schneideraum, Kran, Playbackanlage, Bürogeräte, Büroräume, Produktionsbüro, sonstige Räume, Hallenmiete, Nachdrehtag, Ausstattung Leih, Basis-Aggregat, Aggregat Schweiz, Tonapparatur, Beleuchtungsgeräte, Lampen, Kabel, Sprechfunkgeräte. Der Prüfer rechnete diese Aufwendungen dem Gewerbeertrag nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG hinzu, und zwar auch, soweit sie unbewegliche Wirtschaftsgüter betrafen.
Die Klage hatte keinen Erfolg (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.10.2017, 11 K 11196/17, Haufe-Index 11433074, EFG 2018, 225). Das FG entschied, die jeweils nur einmalige und projektbezogene Anmietung der Gegenstände spreche nicht gegen die fiktive Zuordnung zum Anlagevermögen, denn es habe sich um vergleichbare Gegenstände gehandelt.
Das BMF ist dem Revisionsverfahren beigetreten und unterstützt das FA.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache. Im zweiten Rechtsgang ist die Zugehörigkeit der gemieteten Gegenstände zum fiktiven Anlagevermögen nach den unter 6. dargelegten Kriterien nochmals zu prüfen.
Hinweis
1. Bei der Gewinnermittlung abgesetzte Miet- und Pachtzinsen werden nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG zur Ermittlung des Gewerbeertrags hinzugerechnet, und zwar mit einem Zwanzigstel bei beweglichen und einem Achtel bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Voraussetzung ist jeweils, dass die Wirtschaftsgüter zum fiktiven Anlagevermögen des Unternehmens gehören.
2. Hinzugerechnet werden auch Mieten, Pachten und Leasingraten für im Ausland belegene Wirtschaftsgüter und Zahlungen an im Ausland ansässige Vermieter, wenn die Vorgänge nicht mit einer ausländischen Betriebsstätte im Zusammenhang stehen.
3. Die Gewerbesteuer ist als solche verfassungsgemäß; auch gegen die Hinzurechnung von Mieten für bewegliche Wirtschaftsgüter oder Immobilien bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (z.B. BFH, Urteil vom 14.6.2018, III R 35/15, BStBl II 2018, 662, betr. angemietete Hotels).
4. Verfassungsgemäß ist auch, dass Miet- und Pachtzinsen bei Steuerpflichtigen, die immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens herstellen, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden, während eine Hinzurechnung unterbleibt, wenn Steuerpflichtige materielle Wirtschaftsgüter herstellen und die Miet- und Pachtzinsen als Teil der Herstellungskosten aktiviert werden:
Miet- oder Pachtaufwendungen können gemäß § 255 Abs. 2 HGB die Herstellungskosten erhöhen und sind dann nach § 5 Abs. 6 EStG zu aktivieren. Sie werden nicht hinzugerechnet, weil es an der für § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG erforderlichen Gewinnabsetzung fehlt (BFH, Urteil vom 30.7.2020, III R 24/18, BFH/NV 2021, 122 betr. Mietzinsen als Herstellungskosten unterjährig ausgeschiedenen Umlaufvermögens).
Dies gilt indessen nicht für selbst hergestellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 255 Abs. 2a HGB, § 5 Abs. 2 EStG); beim Umlaufvermögen werden hingegen sowohl materielle als auch immaterielle Wirtschaftsgüter aktiviert. Bei ansonsten gleichen Umständen führt die Herstellung eines am Bilanzstichtag noch vorhandenen materiellen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens im Jahr der Herstellung zu einem höheren Gewerbeertrag als die Herstellung eines immateriellen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens, denn die Miet- oder Pachtaufwendungen für ein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens mindern den Gewinn und werden sodann nur zu einem Zwanzigstel oder einem Achtel hinzugerechnet, soweit die Summe der Hinzurechnungen 100.000 EUR übersteigt.
Die Herstellung materieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist insoweit jedoch vorteilhaft, wenn der Gegenstand vor dem Bilanzstichtag aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Denn dann unterbleibt sowohl die Neutralisierung der in die Herstellungskosten einzubeziehenden Miet- und Pachtaufwendungen durch Aktivierung als auch deren Hinzurechnung. Bei Herstellung immaterieller Wirtschaf...