Leitsatz
Das Urteil entwickelt in geradezu lehrbuchhafter Weise die Grundsätze, nach denen das Finanzamt Besteuerungsgrundlagen bei einem Restaurant mit nicht ordnungsgemäßer Buchführung schätzen darf.
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb zwischen 1996 und 2001 ein Restaurant. Bei ihr wurde eine Betriebsprüfung durchgeführt. Hierbei kam es zu Hinzuschätzungen, da die Buchführung nicht vollständig war. Das Verhältnis der Umsätze zu den Kosten war unglaubwürdig. Zahlungen wurden als Betriebsaufwand verbucht, bei denen der betriebliche Bezug zweifelhaft war. Die Klägerin erhob gegen die aufgrund der Betriebsprüfung geänderten Steuerbescheide Einspruch und nach dessen Abweisung Klage vor dem Finanzgericht. Sie führte an, die bar beglichenen Betriebsausgaben hätten tatsächlich die Einnahmen teilweise überstiegen, die erforderlichen Mittel habe der Ehemann als Barmittel zur Verfügung gestellt. Eine Anwendung des Aufschlagssatzes sei hier ausgeschlossen, da die Umstände dieses ausschlössen. Die Betriebsausgaben, deren betriebliche Veranlassung umstritten sind, seien tatsächlich ausschließlich für betriebliche Belange getätigt worden. Das beklagte Finanzamt widersprach dem unter Bezugnahme auf Plausibilitätserwägungen.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage in vollem Umfang als unbegründet ab. Es bejahte die Voraussetzungen einer Schätzung nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO, da die Buchführung hier nicht ordnungsgemäß war. In solch einem Fall muss das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nach der größten Wahrscheinlichkeit schätzen. Hierfür stehen dem Finanzamt verschiedene Schätzungsmethoden zur Verfügung. Zwar ist hier die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erfolgt, so dass keine Verpflichtung zur Führung eines Kassenbuchs bestanden hat. Die Beklagte ist aber dennoch verpflichtet, ihre Aufzeichnungen, auch der Einnahmen, so zu führen, dass ein sachverständiger Dritter sich einen Überblick in vertretbarer Zeit verschaffen kann. Die Buchführung war hier nicht ordnungsgemäß. Das Finanzamt war deshalb zur Schätzung befugt. Es hat seine Schätzungsbefugnis auch zutreffend ausgeübt, da das Vorbringen der Klägerin nicht plausibel war. Bei den strittigen Betriebsausgaben war der betriebliche Bezug nicht nachgewiesen.
Hinweis
Die Entscheidung betrifft die Schätzung von Einnahmen wegen Mängeln in der Buchführung des Steuerpflichtigen (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Hierbei entwickelt das Urteil in geradezu lehrbuchhafter Weise die Grundsätze, nach denen das Finanzamt Besteuerungsgrundlagen schätzen darf. Zu unterscheiden ist hierbei, ob die Buchführung formell ordnungsgemäß war oder nicht. Bei einer formell ordnungsgemäßen Buchführung gilt zunächst die Vermutung der Richtigkeit nach § 158 AO, die von der Finanzverwaltung bei ihrer Schätzung widerlegt werden muss. Bei einer ordnungswidrigen Buchführung sind geringere Anforderungen an die Schätzung zu stellen . Zur Entkräftung einer Vermutung der Richtigkeit stehen dem Finanzamt verschiedene von der Praxis entwickelte und von der Rechtsprechung abgesegnete Methoden zur Verfügung, insbesondere der innere Betriebsvergleich sowie die Vermögenszuwachsrechnung. Eine weitere wichtige Aussage des Urteils betrifft hier die Führung eines Kassenbuchs. Zwar besteht bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht die Verpflichtung zur Führung eines Kassenbuchs, da es bei der Einnahmen-Überschussrechnung keine Bestandskonten gibt. Auch bei dieser Gewinnermittlungsart müssen aber die Betriebseinnahmen vollständig erfasst sei und auch nachvollziehbar belegt werden.
Link zur Entscheidung
FG des Saarlandes, Gerichtsbescheid vom 13.01.2010, 1 K 1101/05