Dr. Andrea Hammermann, Judith Lehr
5.1 Erfassungen von personenbezogenen Daten
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist ein wichtiges Rechtsinstrument, das die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten regelt und damit die Beteiligung und Vertretung der Arbeitnehmer an betrieblichen Entscheidungsprozessen sicherstellt.
Da beim Einsatz von HR-Analytics Personaldaten systematisch mit anderen Unternehmensdaten verknüpft werden, ist besonders darauf zu achten, dass die Rechte der Arbeitnehmer gewahrt bleiben. Insbesondere wenn HR-Analytics Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen oder das Verhalten der Arbeitnehmer hat, spielt die Mitbestimmung des Betriebsrats eine zentrale Rolle. Grundsätzlich dürfen HR Analytics-Verfahren, die personenbezogene Daten erheben, nicht eingesetzt werden, ohne dass betroffene Beschäftigte explizit persönlich eingewilligt haben oder eine Betriebsvereinbarung vorliegt.
Sollen Befragungen bzw. Erfassungen von personenbezogenen Daten mittels IT durchgeführt werden, hat der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitzubestimmen: Der Betriebsrat hat bei der Einführung und der Anwendung von "technischen Einrichtungen" mitzubestimmen, wenn diese in der Lage sind, Leistung oder Verhalten der Arbeitnehmer zu analysieren, zu überwachen und auszuwerten.
Da es sich bei HR-Analytics-Systemen um eine solche technische Einrichtung handelt, ist der Betriebsrat über die Einführung und Anwendung von HR-Analytics umfassend zu informieren und zu beteiligen. HR-Analytics-Systeme können auch in den Anwendungsbereich des § 94 BetrVG Mitbestimmung bei Personalfragebogen und Beurteilungsgrundsätzen fallen. So hat der Betriebsrat bei der Einführung von "Personalfragebögen" mitzubestimmen. Darunter fallen nicht nur Fragebögen, die Bewerber vor der Einstellung ausfüllen müssen, sondern alle formalisierten "Erhebungsbögen", die Verhaltens- und Leistungsdaten erfassen und Rückschlüsse auf einzelne Arbeitnehmer zulassen. Dazu zählen auch Daten, die mittels IT erfasst werden.
Beispiele für eine KI-gestützte Personalsoftware, die unter § 94 BetrVG fällt, sind:
- Software zur automatisierten Überwachung der Arbeitszeit
- KI-gestützte Analyse von Bewerberdaten zur automatisierten Vorauswahl von Bewerbern
- Software zur datenanalytischen Leistungsbeurteilung von Mitarbeitern
5.2 Rolle des Betriebsrates
Bei HR-Analytics-Verfahren, die personenbezogene Daten erheben, muss der Betriebsrat vor der Einführung der Software angehört und über die Art und Weise der Überwachung informiert werden. Der Betriebsrat kann der Einführung der Software widersprechen, wenn dadurch die Interessen der Arbeitnehmer beeinträchtigt werden. Ist die KI-gestützte Personalsoftware bereits im Einsatz und sieht der Betriebsrat die Interessen der Arbeitnehmer dadurch beeinträchtigt, kann er nach § 95 BetrVG beim Arbeitgeber Beschwerde einlegen. Der Betriebsrat hat auch das Recht, die Ergebnisse von Personalanalysen zu überprüfen und Entscheidungen, die er für ungerecht oder diskriminierend hält, anzufechten. Der Arbeitgeber muss dann mit dem Betriebsrat verhandeln, um eine Einigung zu erzielen.
Um diese Mitbestimmungsrechte wahrnehmen zu können, ist der Arbeitgeber nach § 75 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, dem Betriebsrat alle erforderlichen Informationen rechtzeitig und umfassend zur Verfügung zu stellen. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei HR-Analytics-Verfahren häufig um "Black-Box"-Systeme handelt, deren Funktionsweise dem Betriebsrat auch auf Nachfrage nicht erläutert werden kann.
So können Arbeitgeber häufig nicht im erforderlichen Umfang Auskunft geben, da die genauen Modelle und Annahmen sowie die zugrunde liegenden Daten vom Softwareanbieter geheim gehalten werden, sei es, um das eigene Produkt vor Nachahmern zu schützen, sei es, um die Prognosen nicht durch Offenlegung der Funktionsweise zu verfälschen. Aus welchem Grund auch immer die Informationen zurückgehalten werden, fest steht: Die Auskunftsanforderungen des Betriebsratsverfassungsgesetzes können in manchen Fällen nicht erfüllt werden.