Die Neufassung des PS 980 präzisiert die Anforderungen an die Compliance-Organisation wesentlich. Sie ergänzt bereits die Beschreibungen der Grundelemente um die Forderung, Verantwortungsbereiche und Rollen eindeutig abzugrenzen, zu kommunizieren und zu dokumentieren. Auch die wesentlichen Regelungen zur Aufbau- und Ablauforganisation des Compliance-Managements sind verbindlich vorzugeben und zu dokumentieren.[1]

Die Anwendungshinweise verlangen wörtlich "die Integration des CMS in die Geschäftsprozesse des Unternehmens" als notwendiges Merkmal einer Compliance-Organisation.[2] In Verbindung mit der Forderung nach einer dokumentierten Ablauforganisation kann das nur bedeuten, dass die für ein funktionierendes CMS erforderlichen Prozesse in der CMS-Beschreibung benannt und erläutert werden.

Im Regelfall sollten zumindest folgende Kernprozesse eines CMS dokumentiert werden:

  • Kernprozesse für Compliance-Ziele

    • Rechtsmonitoring und Rechtskataster
  • Kernprozesse für Compliance-Risiken

    • Abfrage, Bewertung und Aktualisierung des Compliance-Risikoportfolios (ggf. innerhalb des Risikomanagementprozesses)
  • Kernprozesse für das Compliance-Programm

    • Entscheidung über die Erforderlichkeit von Risikomaßnahmen und -kontrollen zur Beherrschung der Compliance-Risiken (ggf. innerhalb des Risikomanagementprozesses)
    • Nachhalten der Umsetzung vereinbarter Risikomaßnahmen (ggf. Verweis auf Follow-Up-Prozess des Risikomanagements)
    • Planung und Durchführung der Compliance-Schulungen
    • Bearbeitung von Anfragen zu compliance-konformem Verhalten
    • Bearbeitung (insbes. Aufklärung) von Hinweisen auf Compliance-Verstöße
    • Entscheidungsprozess für Reaktionen auf erwiesene Compliance-Verstöße
  • Kernprozesse für die Compliance-Kommunikation

    • Compliance-Schulungen (insbes. Antikorruptions-Schulungen)
    • formalisierter Compliance-Turnus/Jahresbericht an die gesetzlichen Vertreter
    • regelmäßige Compliance-Berichterstattung an die gesetzlichen Vertreter
    • Adhoc-Compliance-Berichterstattung an die gesetzlichen Vertreter

Außerdem nennt der neue PS 980 unangemessene Verallgemeinerungen sowie unausgewogene und verzerrende Darstellungen, wie beispielsweise insgesamt unklare prozessuale Zuständigkeitsbeschreibungen, als Merkmale einer unzureichenden CMS-Beschreibung.

Das Fehlen wesentlicher Informationen über die CMS-Aufbau- und Ablauforganisation führt unmittelbar zu einem höchstens noch eingeschränkten Prüfungsurteil. Dessen mittelbare Konsequenz reicht jedoch erheblich weiter: In einem Haftungsprozess um ein Organisationsverschulden gesetzlicher Vertreter ohne unmittelbare persönliche Beteiligung an schweren Compliance-Verstößen ist die Beweislage nämlich umso schlechter, je lückenhafter die verschriftlichten Informationen über das CMS sind.

[1] IDW PS 980 n. F., Tz. 27.
[2] IDW PS 980 n. F., Tz. A27.

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