6.1 Abnutzbarkeit immaterieller Vermögensgegenstände
Immaterielle Vermögensgegenstände können sowohl abnutzbar als auch – in Ausnahmefällen – nicht abnutzbar sein. Ein immaterieller Vermögensgegenstand des Anlagevermögens, dessen Nutzung zeitlich nicht begrenzt ist, darf nicht planmäßig abgeschrieben werden. Nicht abnutzbare immaterielle Vermögensgegenstände sind vor allem zeitlich unbegrenzt bestehende Rechte, die auch keiner wirtschaftlichen Entwertung im Zeitablauf unterliegen:
- So können beispielsweise können Wegerechte oder Güterfernverkehrsgenehmigungen zeitlich unbegrenzt nutzbare immaterielle Vermögensgegenstände sein.
- Auch ein erworbener Domainname kann ein nicht abnutzbarer Vermögensgegenstand sein, wenn der Bekanntheitsgrad des Domainnamens von werterhaltenden Maßnahmen oder vom Zeitgeist unabhängig ist.
- Auch ein erworbenes Vorkaufsrecht kann ein nicht abnutzbarer Vermögensgegenstand sein, wenn nicht absehbar ist, wann das Vorkaufsrecht zum Tragen kommt. Denn das Vorkaufsrecht unterliegt keiner planmäßigen Wertminderung (genau wie Grundstücke keiner planmäßigen Wertminderung unterliegen).
DRS 24.108 beschränkt die unbegrenzte Nutzbarkeit von erworbenen immateriellen Vermögensgegenständen i. S. d. § 248 Abs. 2 HGB (Marke, Drucktitel, Verlagsrecht, Kundenliste oder vergleichbare Güter). Diese sind zwingend planmäßig abzuschreiben, sofern ihre Nutzbarkeit durch regelmäßige Erhaltungsaufwendungen aufrecht erhalten werden muss.
Weiterhin können auch unbeschränkt eingeräumte Rechte abnutzbar sein, wenn ein Ende ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit absehbar ist.
Kann ab einer bestimmten Periode nicht mehr von einer zeitlich unbegrenzten Nutzungsdauer ausgegangen werden, ist der immaterielle Vermögensgegenstand ab dann planmäßig über die Restnutzungsdauer abzuschreiben.
6.2 Planmäßige Abschreibung
6.2.1 Handelsbilanz
Die überwiegende Zahl der immateriellen Vermögensgegenstände ist abnutzbar, da durch Verwendung, Nutzung oder bloßen Zeitablauf in vielen Fällen ein Wertverlust eintritt. Handelsrechtlich sind immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, über die Geschäftsjahre abzuschreiben, in denen sie voraussichtlich genutzt werden.
Die Abschreibungsmethode ist handelsrechtlich nicht festgelegt, muss jedoch den Verlauf der Wertentwicklung des Vermögensgegenstands wiederspiegeln. Kann der Wertminderungsverlauf nicht verlässlich bestimmt werden, so ist nach DRS 24.102 die lineare Abschreibungsmethode anzuwenden.
Die Abschreibung beginnt mit dem Zeitpunkt des Erreichens des betriebsbereiten Zustands bzw. der Fertigstellung; auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Ingebrauchnahme kommt es nicht an.
Die Nutzungsdauer ist vom Bilanzierenden unter Berücksichtigung der betriebsindividuellen Gegebenheiten zu schätzen. Dabei können z. B. folgende Kriterien berücksichtigt werden:
- Produktlebenszyklen vergleichbarer Vermögensgegenstände.
- Wirtschaftliche Stabilität der Branche.
- Abhängigkeit der Nutzungsdauer des Vermögensgegenstands von der Nutzungsdauer anderer Vermögensgegenstände.
Besonderes Gewicht kommt bei der Schätzung dem Umstand zu, dass sich immaterielle Vermögensgegenstände aufgrund des technischen Fortschritts oft schnell verflüchtigen bzw. veralten. Die Nutzungsdauer muss folglich vorsichtig geschätzt werden. Bei immateriellen Vermögensgegenständen wird oftmals eine Nutzungsdauer zwischen 3–5 Jahren angenommen.
Bei zeitlich beschränkten Schutzrechten ist der Schutzzeitraum nicht zwingend mit der Nutzungsdauer gleichzusetzen. So kann z. B. ein Patent aufgrund anderer, erkennbar bald verfügbarer Technologien bereits vor Ende der maximalen Dauer des Patentschutzes nutzlos werden. Die Abschreibung darf sich daher nicht nur an der gesetzlichen Schutzfrist orientieren, sie muss auch der wirtschaftlichen Abnutzung Rechnung tragen. Ggf. ist die Nutzungsdauer in diesem Fall kürzer als die Dauer des Rechtsschutzes. Das ist im Einzelfall abzuwägen.
In Bezug auf selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände besteht handelsrechtlich eine Beschränkung der Nutzungsdauer. Immer dann, wenn die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands ausnahmsweise nicht verlässlich geschätzt werden kann, ist von einer Nutzungsdauer von 10 Jahren auszugehen. Gleiches gilt handelsrechtlich für den entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert. Dieser ist handelsrechtlich ebenfalls über 10 Jahre abzuschreiben, wenn die Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden kann.
6.2.2 Steuerbilanz
Analog zum Handelsrecht unterliegen abnutzbare immaterielle Vermögensgegenstände auch in der Steuerbilanz einer planmäßigen Abschreibung (=AfA). Für die Bestimmung der planmäß...