3.1 Übersicht
Die Zugangsbewertung des sachlichen und immateriellen Anlagevermögens ist im Wesentlichen geregelt:
- hinsichtlich des Umfangs der Anschaffungskosten und Herstellungskosten in IAS 16 für Sachanlagevermögen und in IAS 38 für immaterielles Anlagevermögen,
- hinsichtlich der Aktivierung von Fremdkapitalzinsen in IAS 23,
- hinsichtlich der Behandlung öffentlicher Investitionszuwendungen in IAS 20.
Daneben ist IAS 21 für Anschaffungen in Fremdwährungen zu beachten.
Die Unterschiede zur handelsrechtlichen Bewertung liegen vor allem in folgenden Bereichen:
- andere Gewinnrealisierungsgrundsätze beim Tausch,
- Einbeziehung von Rückbauverpflichtungen in die Anschaffungs-/Herstellungskosten,
- Aktivierungspflicht für Fremdkapitalkosten.
3.2 Anschaffungskosten
3.2.1 Anschaffungsnebenkosten
Die Anschaffungskostendefinition aus IAS 16.6 und IAS 16.16 sowie aus IAS 38.27 unterscheidet sich nicht wesentlich von den Regelungen des § 255 Abs. 1 HGB. Auch die Anschaffungskosten nach IFRS umfassen alle Aufwendungen, die geleistet werden müssen, um einen Vermögenswert zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Anschaffungsnebenkosten für Frachten, Verkehrssteuern usw. sind daher ebenso einzubeziehen wie Kosten der Installation.
3.2.2 Gewinnrealisierung beim Tausch
Ein erster Unterschied zum Handelsrecht ergibt sich in Tauschfällen. Nach herrschender Meinung besteht in der Handelsbilanz ein Wahlrecht. Der Vorgang kann gewinnrealisierend behandelt werden, wobei sich dann die Anschaffungskosten des neuen Vermögensgegenstands nach dem Zeitwert des hingegebenen Vermögensgegenstands bestimmen. Stattdessen ist es aber auch zulässig, den Vorgang gewinnneutral zu gestalten, d. h. den angeschafften Anlagegegenstand mit dem Buchwert des hingegebenen anzusetzen.
Gegenüber diesem uneingeschränkten Wahlrecht der Handelsbilanz sehen IAS 16.24 ff. und IAS 38.45 ff. für die IFRS eine sachliche Differenzierung für Tauschfälle vor:
- Soweit der Tausch die zukünftigen Cashflows wesentlich verändert, hat er wirtschaftlichen Gehalt (commercial substance) und ist daher erfolgswirksam. Der Zeitwert des hingegebenen Gegenstands bestimmt die Anschaffungskosten des erworbenen.
- Soweit die Transaktion keinen wirtschaftlichen Gehalt hat (oder – in der Praxis selten – die Zeitwerte der Tauschgegenstände nicht bestimmbar sind), ist der Buchwert fortzuführen.
Beispiel
Die MovieBrother Cologne AG verlegt ihre Büros von Köln-Rodenkirchen nach Köln-Hürth. Sie erhält im Tausch ein Gebäude ähnlicher Größe, Ausstattung und ähnlichen Alters. Der Buchwert des Rodenkirchener Gebäudes beträgt 500 TEUR, der Verkehrswert 800 TEUR. Beim Tausch muss die AG 200 TEUR zuzahlen. In der Handelsbilanz verzichtet sie auf eine Gewinnrealisierung. Dieser HGB-Ansatz soll für die IFRS-Bilanz möglichst beibehalten werden.
Eine Beibehaltung scheitert an dem Geldbetrag. Er führt zu einer wesentlichen Änderung der Cashflows, gibt der Transaktion also "commercial substance". Das neue Gebäude ist daher mit 1.000 TEUR zu aktivieren. Beim Abgang des alten Gebäudes entsteht ein Gewinn von 300 TEUR.
Buchungen HGB bei Buchwertfortführung (Wahlrecht):
Konto |
Soll |
Haben |
Gebäude Neu |
700 TEUR |
|
Gebäude Alt |
|
500 TEUR |
Bank |
|
200 TEUR |
Buchungen IFRS:
Konto |
Soll |
Haben |
Gebäude Neu |
1.000 TEUR |
|
Gebäude Alt |
|
500 TEUR |
Bank |
|
200 TEUR |
Ertrag |
|
300 TEUR |
3.3 Herstellungskosten
3.3.1 Gemeinkosten
Während IAS 2 "Vorräte" den Umfang und die Ermittlung der Herstellungskosten des Vorratsvermögens ausführlich erläutert, sind die entsprechenden Hinweise für selbsterstellte Anlagen in IAS 16 und IAS 38 eher dürftig. Auch wenn nur teilweise explizit auf die Regelungen von IAS 2 zum Vorratsvermögen verwiesen wird (IAS 16.22), greifen durchgehend die Grundsätze von IAS 2. In der Folge zählen etwa abnorme Gemeinkosten (z. B. Kosten unterbeschäftigter Produktionsfaktoren, IAS 2.16(a)) nicht zu den Herstellungskosten.
3.3.2 Nachträgliche Herstellungskosten vs. Erhaltungsaufwand
Nach § 255 Abs. 2 S. 1 HGB sind Herstellungskosten auch solche Aufwendungen, die bei der Erweiterung oder bei über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserungen eines Vermögensgegenstands entstehen. Das IDW sieht in RS IFA 1, bezogen auf Gebäude, eine Verbesserung dann als gegeben an, wenn die Nutzungsdauer des Gebäudes verlängert wird oder sich die Gebrauchsmöglichkeit qualitativ wesentlich verbessert. Insbesondere bei Aufwendungen, die im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung entstehen, sei es nahe liegend, eine wesentliche Verbesserung anzunehmen, jedenfalls dann, wenn im Verhältnis zum Kaufpreis hohe Aufwendungen vorliegen. Diese Regelung entspricht weitgehend auch dem Steuerrecht (mit der Ausnahme, dass für anschaffungsnahe Aufwendungen durch § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine schematisierte 15 %-Grenze vorgegeben ist).
Die bis 2004 geltenden Regelungen in IAS 16.24 a. F. stimmten im Wesentlichen mit den handelsrechtlichen Regelungen überein. Nachträgliche Aufwendungen auf Sachanlagevermögen waren dann als Herstellungskosten zu behandeln, wenn:
- die Kapazität erweitert wurde oder
- sich die Nutzungsdauer verlängerte oder
- eine substanzielle Verbesserung der Qualität vorlag.
- Nach IAS 16.26 a. F. lagen Herste...