IAS 16, IAS 36 und IAS 38 unterscheiden zwei Fälle der Zuschreibung:
- Wertaufholung nach vorangegangener außerplanmäßiger Abschreibung (IAS 36.99),
- Neubewertung (revaluation) zwecks Ansatzes eines über den fortgeführten historischen Anschaffungskosten liegenden Zeitwerts (IAS 16.31 und IAS 38.64).
Die erste Variante entspricht dem Handelsrecht (§ 253 Abs. 5 HGB). Die zweite Variante steht im Widerspruch zum Anschaffungskostenprinzip des HGB. Nach IFRS sind Zuschreibungen auch über die fortgeführten Anschaffungskosten hinaus möglich. Als wesentliche Einschränkung ist nur zu beachten, dass das Wahlrecht zwischen Neubewertung und fortgeführten Anschaffungskosten nicht fallweise ausgeübt werden darf. Innerhalb einer Gruppe von Anlagegegenständen müssen entweder alle Vermögenswerte neu bewertet oder alle zu fortgeführten Anschaffungskosten ausgewiesen werden.
Das unterscheidet die Neubewertung nach IAS 16 (und IAS 38) von der einmalig im Rahmen des IFRS-Übergangs zulässigen Neubewertung in der IFRS-Eröffnungsbilanz. Nach IFRS 1 kann das entsprechende Wahlrecht in der Eröffnungsbilanz per Inventarposten ausgeübt werden (vgl. unter "Einführung von IFRS" ).
Bei immateriellen Vermögenswerten ist eine Neubewertung nur zulässig, wenn ein aktiver Markt für den Vermögenswert vorliegt, was nur ausnahmsweise der Fall ist (IAS 38.75). Eine solche Ausnahme sind Krypto-Währungen (Bitcoin usw.), wenn man diese denn mit dem IFRS IC überhaupt als immaterielle Vermögenswerte und nicht als solche eigener Art qualifiziert.
Die Neubewertung erfolgt in der Regel (soweit nicht in der Vergangenheit eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen wurde) erfolgsneutral gegen eine Neubewertungsrücklage (revaluation reserve). Bei Abgang des Anlageguts wird die Neubewertungsrücklage erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen umgegliedert (IAS 16.39 und IAS 38.78). Eine erfolgswirksame Auflösung ist nach h. M. durch den Wortlaut von IAS 16 und IAS 38 nicht gedeckt.
Beispiel
Die Forever GmbH verfügt nur über ein einziges Betriebsgrundstück mit einem Buchwert von 0,1 Mio. EUR und einem in 01 durch vereidigten Gutachter festgestellten Zeitwert von 1,1 Mio. EUR. Der Zeitwert ändert sich bis 05 nicht. Das Grundstück wird in 05 für 1,2 Mio. EUR veräußert. Die GmbH wünscht einen möglichst hohen Bilanzansatz in 01 ff. Die GmbH bucht ohne Berücksichtigung von Steuern wie folgt (in EUR):
Buchungen 01
Konto |
Soll |
Haben |
Grundstück |
1,0 Mio. |
|
Neubewertungsrücklage |
|
1,0 Mio. |
Buchungen 05
Konto |
Soll |
Haben |
Bank |
1,2 Mio. |
|
Grundstück |
|
1,1 Mio. |
Ertrag |
|
0,1 Mio. |
Neubewertungsrücklage |
1,0 Mio. |
|
Gewinnrücklage |
|
1,0 Mio. |
Bei Berücksichtigung latenter Steuern mit einem Steuersatz von 50 % wären folgende Buchungen vorzunehmen:
Buchungen 01
Konto |
Soll |
Haben |
Grundstück |
1,0 Mio. |
|
Neubewertungsrücklage |
|
0,5 Mio. |
Passiv latente Steuern |
|
0,5 Mio. |
Buchungen 05
Konto |
Soll |
Haben |
Bank |
1,2 Mio. |
|
Grundstück |
|
1,1 Mio. |
Ertrag |
|
0,1 Mio. |
Neubewertungsrücklage |
0,5 Mio. |
|
Gewinnrücklage |
|
0,5 Mio. |
Passiv latente Steuern |
0,5 Mio. |
|
Steuerverbindlichkeit |
|
0,5 Mio. |
Steueraufwand |
0,05 Mio. |
|
Steuerverbindlichkeit |
|
0,05 Mio. |
In der Praxis wird vom Wahlrecht der Neubewertung nur sehr selten Gebrauch gemacht. Die Gründe sind:
- Fehlende Flexibilität des Wahlrechts, da es einheitlich für ganze Anlagenklassen auszuüben ist und nicht auf "Filetstücke" beschränkt werden kann.
- Zwang zur regelmäßigen Überprüfung des "Neuwerts" (alle drei bis fünf Jahre).
- Beschränkte bilanzpolitische Wirkung, da die Hebung der stillen Reserven durch die Neubewertungsrücklage für jedermann sofort erkennbar ist.
- Generierung höherer planmäßiger Abschreibungen bei abnutzbaren Vermögenswerten.