Prof. Dr. Ronald Gleich, Dr. Jan Christoph Munck
Der Begriff Industrie 4.0 wurde 2011 von der deutschen Bundesregierung auf der Hannover Messe zum ersten Mal der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Bereits kurze Zeit später wurde die Industrie 4.0 als zentrales Zukunftsprojekt in die Hightech-Strategie der deutschen Bundesregierung aufgenommen. Nach dem Einzug mechanischer, durch Wasserdampf betriebener Produktionsanlagen, der Entwicklung hin zur Massenproduktion mithilfe von elektrischer Energie und der Automatisierung der Produktion unter Verwendung von Elektronik und IT soll nun die Industrie 4.0 den industriellen Sektor erneut grundlegend verändern und Deutschland im internationalen Wettbewerb einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Nationen ermöglichen.
Permanenter Informationsfluss als Grundlage
In der Industrie 4.0 tauschen Steuerungssysteme, Maschinen, Werkstücke und Produkte – sowohl werksintern, werksübergreifend als auch firmenübergreifend – permanent Informationen untereinander aus, interagieren miteinander und ermöglichen so Flexibilität und Effizienz in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Die technologische Grundlage hierzu bilden unter anderem zahlreiche Sensoren und Mikroprozessoren, die zu Netzwerken verbunden werden, den sogenannten cyber-physischen Systemen (CPS).
Basierend auf dem Cloud-Konzept können zu jeder Zeit neue Daten in das System eingespeist werden. Das Internet der Dinge als zentrales Element der Industrie 4.0 ermöglicht letztendlich nicht nur den Austausch von Daten, sondern auch die intelligente und autonome Steuerung von Geschäftsprozessen. Im besten Fall werden die Maschinen und Steuerungssysteme von morgen in der Lage sein vollautomatisch zwischen verschiedenen Aufgabentypen zu wechseln, Warenströme optimal zu koordinieren und wichtige Entscheidungen nahezu in Echtzeit zu fällen.
Dabei soll der Mensch keinesfalls aus den Geschäftsprozessen verdrängt werden, er wird mehr denn je ein integrierter und wesentlicher Bestandteil des Informationsnetzwerks. Auch in Zukunft werden komplexe und grundlegende Entscheidungen zu treffen sein, die uns Computer nicht abnehmen können. Zudem können die intelligenten Maschinen von morgen zum Beispiel für Monteure die Zusammensetzung komplizierter Bauteile mittels Augmented Reality oder auch physischer Hilfsmittel intuitiver gestalten und somit Produktqualität, Zeitaufwand und Arbeitskomfort optimieren.
Herausforderungen der Industrie 4.0
Trotz intensiver Forschungsarbeit in den letzten Jahren stehen Unternehmen heute hinsichtlich der Industrie 4.0 noch vor großen Herausforderungen. Neben fehlendem Wissen über notwendige Kompetenzen und Facharbeitskräfte, fehlenden Standards oder noch ungeklärten Fragen hinsichtlich Datensicherheit ist es insbesondere der noch unklare wirtschaftliche Nutzen, der viele Unternehmen von einer frühen Investition abhält (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Industrie 4.0 stellt Unternehmen vor große Herausforderungen
Gerade diesen Nutzen greifbar und vor allem messbar zu machen, wird als zentrale Herausforderungen für das Controlling gesehen. Hierzu zählen bspw. die Bewertung von neuen System-, Produkt-, oder auch Geschäftsmodellvarianten.