André Meißner, Dipl.-Finanzwirt (FH) Jens Keese
Bei einer Beförderungs- oder Versendungslieferung liegt der Ort der Lieferung grundsätzlich in dem Staat, in dem die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Nach der gesetzlichen Neuregelung der Reihengeschäfte in § 3 Abs. 6a UStG zum 1.1.2020 ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen im Reihengeschäft zuzuordnen. Dabei wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands grundsätzlich der Lieferung des Unternehmers zugeordnet, der die Beförderung oder Versendung durchführt bzw. in Auftrag gibt (= warenbewegte Lieferung).
- Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen.
- Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen.
Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (mittlerer Unternehmer, Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung/Versendung durch den mittleren Unternehmer aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung bereits seiner Lieferung zuzuordnen.
Verwendung der USt-ID-Nr. des mittleren Unternehmers seit dem 1.1.2020 von besonderer Relevanz
Im BMF Schreiben vom 25.4.2023 und im Umsatzsteueranwendungserlass (Abschnitt 3.14 Abs. 10) nimmt die Finanzverwaltung ausführlich zur Verwendung der USt-Identifikationsnummer (USt -ID-Nr.) des mittleren Unternehmers Stellung. Wie oben ausgeführt wurde, ist die Verwendung der USt-ID-Nr. des mittleren Unternehmers für die umsatzsteuerliche Würdigung des Reihengeschäfts prägend, wenn dieser Unternehmer den Gegenstand befördert/versendet bzw. den Auftrag hierfür erteilt. Die Finanzverwaltung fordert aus diesem Grund, dass die eindeutige Verwendung der USt-ID-Nr. dokumentiert wird. Sie sollten hier entsprechende Unterlagen sorgfältig aufbewahren. Eine nachträgliche Änderung der verwendeten USt-ID-Nr. ist nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht möglich.
Gleiche Logik in anderen EU-Mitgliedstaaten
Das die o. g. Ausführungen seit 1.1.2020 auf der MwSt-Systemrichtlinie basieren, existiert damit grundsätzlich eine EU-einheitliche Zuordnung der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung zu den verschiedenen Lieferungen im Reihengeschäft!
Kurzer Hinweis auf die nicht näher behandelten Fälle der Reihengeschäfte mit Drittlandsbeteiligung:
- Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet und erfolgt die Beförderung/Versendung durch einen mittleren Unternehmer, so kann der mittlere Unternehmer ebenfalls nachweisen, dass er in der Eigenschaft als Lieferer auftritt, so dass die warenbewegte Lieferung seiner Lieferung zugeordnet wird. In diesem Fall ist von einem ausreichenden Nachweis hierfür auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde.
- Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis dafür, dass der mittlere Unternehmer als Lieferer auftritt auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung für seine Rechnung zum zoll-und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.
2.1 Ist bezüglich der warenbewegten Lieferung auf die Frachtzahlerkonditionen oder die Steuerung des Transports abzustellen?
Es bleibt abzuwarten, wie das Tatbestandsmerkmal der Beförderung oder Versendung durch einen der am Reihengeschäft beteiligten Unternehmer ab 1.1.2020 EU-weit ausgelegt wird. Die deutsche Finanzverwaltung stellte bei der Frage, wer die Versendung durchführt, bis zur Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 25.4.2023 auf die zivilrechtliche Auftragserteilung an den Spediteur und die Frachtzahlerkonditionen ab.
Mit dem BMF-Schreiben vom 25.4.2023 stellt die Finanzverwaltung nun allerdings klar, dass primär die zivilrechtliche Auftragserteilung maßgebend ist. Eine abweichende Zuordnung sei nur zulässig, wenn der Unternehmer nachweist, dass die Beförderung bzw. die Versendung auf Rechnung eines anderen Un...