Zahlungsunfähigkeit
Ein Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 InsO).
Eine Forderung ist in der Regel dann i.S.v. § 17 Abs. 2 InsO fällig, wenn eine Gläubigerhandlung feststeht, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt. Eine einmal eingetretene Zahlungsunfähigkeit wird regelmäßig erst beseitigt, wenn die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen wieder aufgenommen werden können.
Fällige Forderungen bleiben bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit nur außer Betracht, sofern sie gestundet sind. Eine Forderung ist stets zu berücksichtigen, wenn der Schuldner sie durch eine Kündigung fällig stellt und von sich aus gegenüber dem Gläubiger die alsbaldige Erfüllung zusagt. Die schleppende Zahlung von Löhnen und Gehältern ist ein Anzeichen für eine Zahlungseinstellung.
Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 InsO) erfolgt entweder durch die betriebswirtschaftliche Methode oder durch sog. wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen. Die sog. betriebswirtschaftliche Methode setzt eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits voraus. Der unmittelbare Nachweis der Zahlungsunfähigkeit erfolgt durch die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz.
Bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gem. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO anhand einer Liquiditätsbilanz sind auch die innerhalb von 3 Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog. Passiva II) einzubeziehen.
Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet.
Zur Abgrenzung von der bloßen Zahlungsstockung (s. unten) ist die betriebswirtschaftliche Methode um eine Prognose darüber zu ergänzen, ob innerhalb von 3 Wochen mit der Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit hinreichend sicher zu rechnen ist, etwa durch Kredite, Zuführung von Eigenkapital, Einnahmen aus dem normalen Geschäftsbetrieb oder der Veräußerung von Vermögensgegenständen; das geschieht durch eine Finanzplanrechnung, aus der sich die hinreichend konkret zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben der nächsten 21 Tage ergeben.
Dem Vorhandensein von Vermögen kommt für die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit als Geldilliquidität lediglich im Rahmen der Prognose über die kurzfristig mögliche Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit Bedeutung zu.
Eine bloße Zahlungsstockung ist anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen. Dafür erscheinen 3 Wochen erforderlich, aber auch ausreichend. Beträgt eine innerhalb von 3 Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird.
Der Insolvenzgrund Zahlungsunfähigkeit gilt sowohl für natürliche als auch für juristische Personen (z. B. die GmbH). Die 3-Wochen-Antragfrist zur Insolvenzantragstellung aufgrund Zahlungsunfähigkeit gem. § 15a Abs. 1 S. 2 InsO ist für GmbH-Geschäftsführer der allerspäteste Zeitpunkt nach Eintritt der Insolvenzreife. Die Gefahren und Folgen der Insolvenzverschleppung – zivilrechtliche Haftung und Strafbarkeit – sollten nicht unterschätzt werden. Zwecks Prüfung der Sanierungsfähigkeit. kommt u. U. eine kurzfristige Überschreitung der Frist in Frage. Auszahlungen darf der Geschäftsführer in der 3-wöchigen Phase zwecks Überprüfung der Sanierungsmöglichkeit nicht mehr tätigen, wenn er keine persönliche Haftung riskieren will. Für die Frage der rechtlichen Umsetzbarkeit eines Sanierungskonzeptes kommt es auf die tatsächlichen Umstände an, mithin auf die Rechtsansicht der zuständigen Gerichte.
Drohende Zahlungsunfähigkeit
Drohende Zahlungsunfähigkeit besteht, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (§ 18 Abs. 2 S. 1 InsO). In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen (§ 18 Abs. 2 S. 2 InsO). Dieser Eröffnungsgrund ist nur für den Eigenantrag des Schuldners selbst gedacht, da diesem laut Intention des Gesetzgebers ermöglicht werden soll, so früh wie möglich einen Insolvenzantrag zu stellen, weil dann die Chancen zur Sanierung des Unternehmens viel größer sind. In die Prognose, die bei der Prüfung drohender Zahlungsunfähigkeit vorzunehmen ist, sind auch Zahlungspflichten einzubeziehen, deren Fälligkeit im Prognosezeitraum nicht...