Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Eine Erstattung der Energiesteuer nach § 60 EnergieStG ist nur dann möglich, wenn der Mineralölhändler offene Forderungen rechtzeitig gerichtlich geltend machtverfolgt. Dabei hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, welche Maßnahmen als ausreichend anzusehen sind, um den Vergütungsanspruch zu erhalten.
Sachverhalt
Im Juli und August 2009 belieferte die Klägerin eine Firma mit versteuertem Dieselkraftstoff. Die Firma bezog den Dieselkraftstoff an Tankstellen der Klägerin mittels Kraftstoff-Kreditkarten. Die Abrechnung erfolgte monatlich rückwirkend, wobei die Beträge bei Fälligkeit per Banklastschrift eingezogen wurden. Hinsichtlich der Juli-Rechnung erfolgte eine Rücklastschrift mangels Deckung im August, woraufhin die Klägerin den ausstehenden Betrag telefonisch anmahnte. Eine erneute Lastschrift der Juli- und August-Rechnungen schlug ebenfalls fehl, weshalb die Klägerin die Tankkarte sperrte und die Firma schriftlich unter Fristsetzung anmahnte, worauf die Firma nicht reagierte. Im September ordnete das Amtsgericht die vorläufige Insolvenzverwaltung an; im November 2009 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin hatte am 5.10.2009 einen Mahnbescheid beantragt, der am 6.10.2009 erlassen und am 9.10.2009 zugestellt wurde. Aufgrund dieses Mahnbescheids erließ das Amtsgericht im November einen Vollstreckungsbescheid. Aufgrund dessen beantragte die Klägerin beim Hauptzollamt die Rückerstattung der in der gelieferten Dieselkraftstoffmenge enthaltenen Energiesteuer, was jedoch abgelehnt wurde.
Entscheidung
Vor dem Finanzgericht hatte die Klägerin keinen Erfolg. Obwohl am 14.8.2009 die erste Rückbuchung erfolgt sei, habe die Firma noch 78 Betankungen durchführen können. Die Zahlungsschwierigkeiten seien nicht erst im September, als die Klägerin die Tankkarte gesperrt habe, erkennbar gewesen. Die gerichtlichen Schritte zur Durchsetzung der Forderungen hätten zu einem deutlich früheren Zeitpunkt erfolgen müssen; die Klägerin habe also nicht rechtzeitig reagiert. Denn unabhängig davon, ob sich die von der BFH-Rechtsprechung entwickelte Zwei-Monats-Frist unmittelbar an die jeweilige Lieferung anschließe oder ob man zugunsten der Klägerin unter Zugrundelegung von Abs. 31 der Dienstvorschrift der Zollverwaltung zur Steuerentlastung bei Zahlungsausfall nach § 60 EnergieStG davon ausgehe, dass die Frist mit dem Datum der Sammelrechnung zu laufen begonnen hat, sei im vorliegenden Fall jedenfalls spätestens Mitte September 2009 eine Situation eingetreten, die eine unverzügliche gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche erfordert hätte.
Hinweis
Nach § 60 EnergieStG wird dem Verkäufer auf Antrag eine Steuerentlastung für die im Verkaufspreis enthaltene Steuer gewährt, die beim Warenempfänger wegen Zahlungsunfähigkeit ausfällt,
- wenn der Steuerbetrag bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit 5.000 EUR übersteigt,
- wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Zahlungsunfähigkeit im Einvernehmen mit dem Verkäufer herbeigeführt worden ist,
- wenn der Zahlungsausfall trotz vereinbarten Eigentumsvorbehalts, laufender Überwachung der Außenstände, rechtzeitiger Mahnung bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung und gerichtlicher Verfolgung des Anspruchs nicht zu vermeiden war und
- wenn Verkäufer und Warenempfänger nicht wirtschaftlich miteinander verbunden sind.
Die genannten Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, sodass mangels Vergütungsfähigkeit der gesamte Anspruch entfällt, wenn auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist (BFH, Urteil v. 11.1.2011, VII R 11/10, BFH/NV 2011 S. 1022).
Die gerichtliche Verfolgung eines Anspruchs bedeutet, die rückständigen Forderungen, mit denen der Abnehmer in Zahlungsverzug geraten ist, beim Zivilgericht mit den Mitteln, die nach den Vorschriften der ZPO zur Verfügung stehen, rechtshängig zu machen. Auf die konkreten Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs im Rahmen einer Kausalitätsbetrachtung ex-post kommt es nicht an. Somit kann auf die rechtzeitige gerichtliche Verfolgung des Anspruchs auch dann nicht verzichtet werden, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt ist (BFH, Urteil v. 11.1.2011, VII R 11/10, BFH/NV 2011 S. 1022).
Die gerichtliche Verfolgung muss zudem zügig erfolgen, um Zahlungsausfälle zu vermeiden. Ein Mahnsystem, bei dem sichergestellt ist, dass im Falle der Nichtbegleichung der Forderung spätestens etwa zwei Monate nach der Belieferung die gerichtliche Verfolgung in die Wege geleitet wird, ist hinzunehmen. Dabei handelt es sich nicht um eine starre Frist. Vielmehr hängt es von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, welche Maßnahmen als ausreichend anzusehen sind, um den Vergütungsanspruch zu erhalten. (BFH, Beschluss v. 14.12.2010, VII B 144/10, BFH/NV 2011 S. 853).
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 13.09.2012, 14 K 723/11