Prof. Dr. Werner Gleißner, Prof. Dr. Rainer Kalwait
3.3.1 Grundidee
Die Grundidee des "Controllingansatzes" basiert auf der Erkenntnis, dass Risiken immer mögliche Planabweichungen darstellen und damit die Identifikation, Bewertung und kontinuierliche Überwachung der Risiken möglichst weitgehend in der Planung und im Controllingsystem, bzw. auch in weiteren Systemen wie dem Qualitätsmanagement des Unternehmens verankert werden soll. Dann wird durchgängig nach allen Möglichkeiten gesucht, die vorhandenen Managementsysteme (Planung, Controlling, Budgetierung – aber auch Qualitätsmanagement) zu nutzen, um die Aufgaben des Risikomanagements mit abzudecken oder zu unterstützen.
Jede Planung basiert auf unsicheren Annahmen über die Zukunftsentwicklung. Diese Annahmen stellen genau diejenigen Risiken dar, die Planabweichungen auslösen können und deshalb im Rahmen des Risikomanagements erfasst, bewertet und ggf. durch geeignete Maßnahmen bewältigt werden müssen. Der "Controllingansatz des Risikomanagements" nutzt zunächst Informationen über unsichere Planannahmen und später über tatsächlich eingetretene Abweichungen, um Risiken zu identifizieren und zu bewerten und integriert damit die Aufgabe der Identifikation und Bewertung von Risiken in die Planungs-, Controlling- und Budgetierungsprozesse. Planer und Controller werden damit zugleich Risikoeigner für diejenigen Risiken, die ihr normales Tätigkeitsfeld betreffen und dort Planabweichungen auslösen können.
Das integrierte Risikomanagement i. S. d. hier dargestellten Controllingansatzes stützt sich im Wesentlichen auf das Controlling, teilweise auch auf Treasury und Qualitätsmanagement. Derjenige Teil des Controllings, der in diesem Verständnis einen Beitrag für das Risikomanagement leistet, kann als Risikocontrolling bezeichnet werden.
Abb. 5: Integriertes Risikomanagement nach ONR 49001
Auch die österreichische Risikomanagement-Norm ONR 49001 geht von einem integrierten Risikomanagementansatz aus, bei dem Risikomanagement mit Controlling, Qualitätsmanagement und anderen Managementsystemen verbunden wird.
3.3.2 Risikocontrolling und Controlling
Als Risikocontrolling wird der Teil des Controllings verstanden, der einen Beitrag zur Sicherstellung der wesentlichen Risikomanagement-Funktionen leistet. Die Risikocontrolling-Aufgaben umfassen dabei insbesondere die Bereitstellung von Informationen für das Risikomanagement (z. B. bezüglich unsicherer Planannahmen oder eingetretener Planabweichungen) sowie die Sicherstellung der Risikoberichterstattung durch die Nutzung vorhandener Reportingwege.
Insgesamt kann man als ein primäres Ziel des Risikomanagements (und damit als indirektes Ziel des Risikocontrollings) die Existenzsicherung des Unternehmens auffassen. Als zentrale Aufgabenfelder des Risikocontrollings ist dabei die Entwicklung (und Nutzung) geeigneter Kennzahlen (Risikomaße) und der für diese erforderlichen Verfahren (Risikomessmethoden) zu nennen.
Ein gut gelungenes Beispiel für eine tragfähige Risikomanagementkonzeption, die auf dem Gedanken eines integrierten Risikomanagement- und Risikocontrolling-Prozesses basiert, ist der in Tab. 1 abgebildete Vorschlag von Winter:
Merkmal |
Ausprägung |
Zugrunde gelegte Sicht der Betriebswirtschaftslehre |
- Untersuchung menschlichen Handelns unter dem Aspekt der Erziehung und Verwendung von Einkommen sowie der Reduktion der dabei auftretenden Unsicherheiten und hierzu dienender Institutionen (Regel- und Handlungssysteme).
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Charakterisierung der Unternehmensumwelt und des Unternehmens |
- Komplex und dynamisch, beschränkt-rationale und nutzenmaximierende Akteure mit kognitiven Beschränkungen, beschränkte Ressourcen, potenziell stochastische Welt, unvollständiges und ungleich verteiltes Wissen über Sachverhalte und Akteure Handlungsebenen des Unternehmens: Unternehmensführung, Führungsunterstützung, Ausführung.
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Risikobegriffe |
- Möglichkeit einer Zielverfehlung, wobei die Ergebnisunsicherheit aus mangelnden Informationen über relevante Sachverhalte und/oder der mangelnden Fähigkeit, diese zu verarbeiten, resultiert.
- Insbesondere die Möglichkeit des Abweichens eines realisierten Einkommens aus einer Unternehmensbeteiligung von einem angestrebten bzw. erwarteten Einkommen.
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Beziehung des Risikocontrollings zur Unternehmensführung und Ansatzpunkt |
- Führungsunterstützung.
- Manager benötigen aufgrund kognitiver Beschränkungen und ungleich verteilten Wissens Unterstützung bei der Erfüllung der Risikomanagementaufgaben.
- Monetäre Risikoquantifizierung zur Entscheidungsunterstützung und Verhaltenssteuerung ist keine triviale Aufgabe und erfordert spezielles Sach- und Handlungswissen, Arbeitsteilung u. U. wirtschaftlicher.
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Ziele |
- Indirekt: Beitrag zur Sicherung der Unternehmensexistenz sowie zur Sicherung der Unternehmensexistenz sowie zu Sicherung und Steigerung des aus Unternehmensaktivitäten resultierenden Zahlungsstroms für die Unternehmensbeteiligten.
- Direkt: Bereitstellung monetärer Informationen und zu deren Generierung benötigter Verfahren für das Risikomanagement ...
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