Die analoge Welt hat sich unter dem Einfluss der Vernetzung und Digitalisierung ebenfalls verändert, aber nur zum Teil. Es gibt nach wie vor eine Vielzahl traditioneller Rahmenbedingungen und Serviceleistungen, die auf absehbare Zeit erhalten bleiben und von der Unternehmenssteuerung als stabilisierende Anker genutzt werden können:
- Da ist zum einen die traditionelle Kommunikation: Das persönliche Gespräch vis-à-vis vermittelt immer noch den größten Grad an Vertrauen, Einfühlungsvermögen und Reaktionsfähigkeit für die individuellen Beziehungen zwischen Menschen. Wenn wir einem Anderen unmittelbar gegenüberstehen, können wir am ehesten ergründen, woran wir sind. Das ist durch keine Art virtueller Konversation zu ersetzen. Es geht darum, den "richtigen" Mix von direkten und virtuellen Gesprächen herauszufinden. Es geht nicht darum, das eine durch das andere zu ersetzen.
- Zum anderen geht es um die traditionelle Infrastruktur: Wir leben in Häusern, benötigen Speisen und Getränke, nutzen Kleidung und Schmuck und arbeiten mithilfe von Werkzeugen und Maschinen. Die Art, wie wir diese infrastrukturellen Produkte erzeugen und einsetzen hat sich während der industriellen Revolution stark verändert. Und sie verändert sich mit der digitalen Vernetzung wiederum auf drastische Weise. Aber dass wir diese Produkte für unser Leben und Arbeiten benötigen und einsetzen, ist eine Konstante, die sich über viele Jahrhunderte erhalten hat und auch derzeit nicht infrage gestellt wird.
- Und da ist zum dritten die traditionelle Anwesenheit: Menschen leben im Hier und Heute. Wir können gar nicht anders. Die neuen Formen der Mobilität eröffnen uns zwar neue Möglichkeiten, das "Hier" häufig zu wechseln. Und die Digitalisierung verschafft uns die Grundlage, Erinnerungen an das "Gestern" bequemer und übersichtlicher als früher zu konservieren bzw. Vorstellungen vom "Morgen" in beeindruckender Weise zu visualisieren und zu prognostizieren. Aber wir sind immer irgendwo und zu einem bestimmten Zeitpunkt anwesend. Wir können persönlich nie zugleich an einem anderen Ort und in einer anderen Zeit sein – das gelingt nur virtuell. Und die neuen Möglichkeiten bringen uns schnell an die Grenzen unserer Fähigkeiten, weil unsere körperliche Anwesenheit immer auch mit unseren Kapazitäten an Aufmerksamkeit und Konzentration verbunden sind. Diese Kapazitäten sind endlich. Wir können sie durch geeignetes Trainieren, äußeren Druck oder intrinsische Motivation ein wenig erweitern. Aber irgendwann ist Schluss.
Persönliche Kommunikation, materielle Lebens- und Arbeitsstrukturen und körperliche Anwesenheit setzen der digitalen Transformation Grenzen, die von der Unternehmenssteuerung nicht missachtet werden dürfen. Anderenfalls droht das Ausbleiben der erforderlichen Akzeptanz. Es geht eben nicht nur um technische Fragen, sondern in letzter Konsequenz immer um Veränderungen sozialer Beziehungen in der analogen Welt – der Sphäre, in der wir leben. Um diese Grenzen zu erkennen, benötigen wir geeignete Indikatoren. Damit wir Maßnahmen ableiten können, wenn wir uns den Grenzen nähern. Letztlich sind die sich verbreitenden Formen des Gesundheitsmanagements und des Gesundheitscontrollings ein Reflex auf diese Entwicklung.
Derart auf menschliche Bedürfnisse fokussiert zu sein, ist auch eine gemeinsame Willenserklärung. Wir selbst als Führungskräfte und Mitarbeiter von Unternehmen sind es, die darüber befinden, welche Rollen und welches Umfeld Menschen dort einnehmen und vorfinden.
Zugleich ist eine neue Art der Individualität entstanden, von der insbesondere die im Internetzeitalter geborenen Generationen geprägt sind.