3.1 Gegenstand der Funktionen-Prozesse-Matrix
Ein wirkungsvolles Tool zur Schaffung und Veranschaulichung einer ganzheitlichen Sicht auf die Prozesse und Funktionen innerhalb einer Organisationseinheit (z. B. Business Unit) ist die "Funktionen-Prozesse-Matrix". Diese gibt nicht nur einen ersten Einblick in die Prozesskostenstruktur eines Unternehmens, sondern zeigt auch folgende Aspekte auf:
- "Sie richtet den Blick auf eine horizontale, ablauforientierte Sichtweise des Unternehmens."
- "Sie zeigt die Schnittstellen zwischen Prozessen und Funktionsbereichen auf."
- "Sie ermöglicht die Kostenanalyse der Wertaktivitäten und zeigt die Potentiale zur Um- und Neugestaltung von Prozessen auf."
Abb. 1 zeigt einen Auszug aus einer Funktionen-Prozesse-Matrix und veranschaulicht deren grundsätzliche Logik. Horizontal werden die definierten Hauptprozesse aufgespannt, vertikal die Kostenstellen bzw. die Funktionsbereiche. Im Kern, d. h. unterhalb der Prozesse und rechts der Funktionsbereiche, wird die Verzahnung zwischen den Prozessen und den Funktionsbereichen anhand der Kapazitäts- und Kostenaufteilung aufgezeigt.
Die oben angesprochene Um- oder Neugestaltung von Prozessen gelingt allerdings nur, wenn auch Anhaltspunkte für Qualitätsprobleme oder Ineffizienzen vorhanden sind. Diese Hinweise könnten z. B. aus Benchmarking-Ergebnissen oder Kundenbefragungen kommen oder hinsichtlich Ineffizienzen auch konkret aus einem Target-Costing-Prozess abgeleitete Plankosten sein, welche extrem von vorhandenen Ist-Kosten – sowohl auf Prozess- als auch auf Funktionsebene – abweichen. Damit wäre eine weitere Brücke von der Produkt- zur Prozess- sowie Funktionssicht geschlagen.
3.2 Funktionen-Prozesse-Matrix entlang eines Beispiels
An einem einfachen Beispiel seien diese Zusammenhänge kurz erläutert:
- Ein mittelständischer Getriebebauer hat für ein neues mechatronisches Getriebesystem Zielkosten in Höhe von 1.000 EUR über ein Target Costing ermittelt. Davon sind 500 EUR reine Materialkosten, 250 EUR Gemeinkosten und 250 EUR Produktionskosten.
- Die Anzahl der im Plan verkauften Produkte liegt bei 50.000 Einheiten. Pro Auftrag werden ca. 20 Stück verkauft. Dafür müssen, so die Erfahrungswerte der Vergangenheit, 5.000 Angebote erstellt werden.
- Die aus dem Target-Costing-Prozess ermittelten 250 EUR Gemeinkosten teilen sich auf 10 Hauptprozesse auf. Unter anderem auf den Hauptprozess "Auftrag akquirieren". Dieser darf, vom Markt abgeleitet, maximal 50 EUR in Anspruch nehmen. In Summe stehen für die Durchführung der Angebotsaktivitäten (50 EUR x 50.000 Getriebe) 2.500.000 EUR zur Verfügung.
Mit diesem Budget sind die 5.000 Angebote zu erstellen, d. h. je Angebot stehen kostenmäßig 500 EUR zur Verfügung.
Abb. 1: Auszug aus einer Funktionen-Prozesse-Matrix
Dies ist eine mögliche Sicht und bietet erste Ansatzpunkte für ein marktorientiertes und integratives Prozess- und Funktionscontrolling mit Kostenfokus.
Eine weitere Sicht der Dinge stellt die rein funktionale Betrachtung des oben beschriebenen Sachverhalts dar:
Der oben betrachtete Hauptprozess "Auftrag akquirieren" wird zu 85 % von den Experten des Funktionsbereichs "Marketing/Vertrieb" erbracht, zu 10 % von Experten aus dem Funktionsbereich "Logistik/Einkauf" und zu 5 % von den Controllern.
Das aus dem Target Costing abgeleitete Ziel-Budget für den Funktionsbereich "Marketing/Vertrieb" beträgt demzufolge:
- 85 % der Hauptprozesskosten "Auftrag akquirieren": 2.125.000 EUR.
- Weitere Ziel-Budgets des Funktionsbereichs "Marketing/Vertrieb" werden aus anderen Prozessen abgeleitet (z. B. "Marktdaten ermitteln" oder "Bestellung bearbeiten").
- Die Kosten aus dem Markt abgeleiteten Funktionskosten "Marketing/Vertrieb" liegen somit bei 3 Mio EUR.
Die Funktionen-Prozesse-Matrix schafft Transparenz hinsichtlich der Verflechtung von Funktionen mit Prozessen und hilft, in Kombination mit einem Target Costing, solche Analysen – wie oben skizziert – durchzuführen.
3.3 Einseitige Optimierungen vermeiden
Besonders ist darauf zu achten, einseitige Optimierungen zu vermeiden und Aktivitäten, die in diese Richtung gehen könnten, frühzeitig zu eruieren. Im Blick behalten sollte man hierbei nicht nur finanzielle Verbindungen, sondern auch die Zusammenhänge bei anderen Performancedimensionen, wie Zeit, Qualität oder Kundenzufriedenheit.
Am Beispiel des Einkaufs soll dies kurz skizziert werden:
So lassen sich etwa das Einkaufsvolumen sowie die Einkaufsgemeinkosten durch die Wahl günstiger Zulieferer oder die Konzentration auf nur einen Zulieferer erheblich reduzieren. Die Leistung der Einkäufer und deren Produktivität steigt dann erheblich. Betrachtet man nun die denkbaren Auswirkungen auf die Prozesse, trübt sich die "Performance-Bilanz" gegebenenfalls wieder ein:
- Der Hauptprozess "Auftrag bearbeiten" ist aufgrund der gewählten Single-Source-Politik möglicherweise weniger stabil und verzeichnet mehr Liegezeiten aufgrund von nicht regelmäßigen Lieferungen des einen Zulieferers speziell in Krisenzeiten.
- Auch die denkbare Auftragserteilung an...