Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
3.1 Betriebsstättenprinzip
Wenn sich die Betriebsstätte – wie in diesem Beitrag unterstellt - in einem DBA-Staat befindet, richtet sich die Abgrenzung der zwischenstaatlichen Besteuerungsrechte im Regelfall nach dem Betriebsstättenprinzip (Art. 7 OECD-MA). Danach wird der Betriebsstättengewinn im Quellenstaat, d. h. im Betriebsstättenstaat, versteuert, während Deutschland als Sitzstaat des Stammhauses (inländische Kapitalgesellschaft) auf sein Besteuerungsrecht verzichtet (Freistellungsmethode gem. Art. 23A OECD-MA). Folglich hängt die Steuerbelastung von der Höhe des ausländischen Körperschaftsteuersatzes und der nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Bemessungsgrundlage ab.
3.2 Abgrenzung der Besteuerungsrechte für Betriebsstättengewinne
Für Zwecke der in- und ausländischen Besteuerung der Einkünfte des international tätigen Unternehmens mit ausländischer Betriebsstätte muss der ausländische Betriebsstättengewinn vom Gewinn der inländischen Kapitalgesellschaft abgegrenzt werden. Die Ermittlung des Betriebsstättengewinns erfolgt nach dem Fremdvergleichsgrundsatz (Art. 7 Abs. 2 OECD-MA), der die Selbstständigkeit der Betriebsstätte fingiert.
Für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes stehen nach aktuellem Recht prinzipiell zwei Methoden zur Verfügung, die beide das Ziel verfolgen, die Gewinnzuordnung nach der wirtschaftlichen Verursachung vorzunehmen. Die direkte Methode beruht auf jeweils eigenen Buchführungen des Stammhauses und der Betriebsstätten, sodass sich die Teilgewinne unmittelbar aus den buchhalterischen Aufzeichnungen ergeben.
Demgegenüber teilt die indirekte Methode den Gesamtgewinn des Unternehmens mit Zerlegungsschlüsseln auf (z. B. nach dem Verhältnis der Umsätze, der Lohn- oder Materialkosten). Diese Methode entspricht dem Fremdvergleichsgrundsatz nur in eingeschränktem Maße, da die Schlüsselung zur vergleichsweise ungenauen Gewinnaufteilung führt und daher der wirtschaftlichen Verursachung im Regelfall nicht ausreichend gerecht wird.
Nach dem Vorschlag der OECD (AOA) sollen Betriebsstätten zukünftig wie rechtlich selbständige und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen (functionally separate entity approach) behandelt und den Kapitalgesellschaften gleichgestellt werden. Dadurch wird die bisher schon vorhandende Priorität der direkten Methode gestärkt. Der Vorschlag der OECD geht jedoch darüber hinaus, da es durch die Gleichbehandlung von Betriebsstätten und Tochtergesellschaften zu Zwischengewinnen kommen kann, die auf Leistungen zwischen dem Stammhaus und den Betriebsstätten bzw. auf Leistungen zwischen den Betriebsstätten beruhen. Demzufolge ist der Betriebsstättengewinn nicht mehr durch das Gesamtergebnis des Unternehmens begrenzt. Einer Betriebsstätte ist auch dann ein Gewinn zurechenbar, wenn das Gesamtunternehmen keinen Gewinn oder sogar einen Verlust erwirtschaftet hat. Dadurch können sich effektive Steuerfolgen ergeben, da sich die Steuerquoten von Stammhaus und Betriebsstätten ändern können..
Nach dem AOA erfolgt die Ermittlung des Betriebsstättengewinns in zwei Schritten: Im ersten Schritt wird eine Funktions- und Risikoanalyse vorgenommen, die darüber entscheidet, welche Leistungen bzw. Erlöse dem Stammhaus und welche Leistungen bzw. Erlöse den Betriebsstätten zuzurechnen sind. Dementsprechend erfolgt die Zurechnung von Vermögenswerten, Kapital und Aufwendungen. Zentrale Funktionen wie z. B. Personalfunktionen oder Finanzierungsfunktionen müssen funktionsgerecht auf die Unternehmensteile aufgeteilt werden.
Hinsichtlich der Bestimmung des Dotationskapitals einer Betriebsstätte muss unterschieden werden, ob es sich um eine inländische oder ausländische Betriebsstätte handelt. Bei inländischen Betriebsstätten kommt die Kapitalaufteilungsmethode (§ 12 BsGaV) zur Anwendung, bei ausländischen Betriebsstätten hingegen die Mindestkapitalausstattungsmethode (§ 13 BsGaV) In Einzelfällen ist eine Abweichung von diesen Methoden zulässig.
Im zweiten Schritt werden die innerbetrieblichen Geschäftsvorfälle berücksichtigt, d.h. die Geschäftsvorfälle zwischen dem Stammhaus und den Betriebsstätten bzw. zwischen den Betriebsstätten untereinander. Diese Geschäftsvorfälle werden so behandelt, als wären sie von voneinander unabhängigen Geschäftsführern abgeschlossen worden. Die Überlassung von Wirtschaftsgütern zur Nutzung und die Erbringung von Dienstleistungen werden den schuldrechtlichen Geschäftsbeziehungen zwischen Dritten gleichgestellt.
Diese innerbetrieblichen Geschäftsbeziehungen müssen zunächst bestimmt und anschließend bewertet werden, um zu einer angemessenen Betriebsstättengewinnermittlung zu kommen. Die Bewertung erfolgt mittels Verrechnungspreisen, die der im ersten Schritt vorgenommenen Funktions- und Risikozuordnung entsprechen und den Fremdvergleichsgrundsätzen standhalten. Anders als bisher wird jede innerbetriebliche Geschäftsbeziehung auf der Basis von fremdüblichen Entgelten einschließlich eines Gewinnaufschlags verrechnet.
Das internationale Steuergefälle bezüglich der Gewinnbesteuerung und der Besteuerung von Einzelleistungen, wie z.B. Lizenzgebühren für die Nu...