In der Praxis bedeutend ist die Frage der Behandlung gewerblich geprägter Personengesellschaften. Dabei traten in der Vergangenheit hauptsächlich folgende Fallgestaltungen auf:
2.1.1 Vermeidung einer Wegzugsbesteuerung
Anlass hierzu können folgende Lebenssachverhalte sein:
Ein an einer Kapitalgesellschaft nach § 17 EStG beteiligter Gesellschafter will ins Ausland ziehen. Es droht die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG.
Wegzugsbesteuerung
Das Ehepaar A und B war bislang alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der A-GmbH. Sie beabsichtigen ihren Wohnsitz in die Schweiz zu verlegen. Im Hinblick auf die in den GmbH-Anteilen enthaltenen stillen Reserven von mehreren Mio. EUR sollen zur Vermeidung der Anwendung des § 6 AStG vor dem Wegzug folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- A und B vermieten an die GmbH eine im Bau befindliche Halle, die auf die Bedürfnisse der GmbH zugeschnitten ist (Betriebsaufspaltung);
- die GmbH-Anteile werden notwendiges Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft;
- die Grundstücks-GbR (Besitzunternehmen) wird in eine GmbH & Co umgewandelt.
Erst anschließend soll der Wegzug erfolgen.
Ziel ist damit auch hier die Abschirmung einer Beteiligung i. S. des § 17 EStG/§ 6 AStG durch eine vorgeschaltete gewerblich geprägte Gesellschaft oder Besitzgesellschaft.
Gestaltungsüberlegung des Steuerberaters:
Kann durch die Vorschaltung einer gewerblich geprägten Gesellschaft die Rechtsfolge der Wegzugsbesteuerung für Privatvermögen (wesentliche Beteiligung i. S. d. § 17 EStG, § 6 AStG) vermieden werden?
Lösung:
Hier muss differenziert werden:
- die bisherige Lösung der Finanzverwaltung;
- die aktuelle Beurteilung der Rechtsprechung;
- die Reaktion des Gesetzgebers/der Verwaltung;
- Handlungsalternativen
2.1.2 Vermeidung einer Steuerentstrickung
Ein Unternehmer möchte ins Ausland ziehen, ohne im Inland eine Betriebstätte weiterhin aufrechtzuerhalten. Es droht die Steuerentstrickung nach § 16 Abs. 3a EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2010.
Hierzu ist auf Folgendes hinzuweisen:
Mit zwei Urteilen vom 28.10.2009 hat der BFH seine Abwendung von der Theorie der finalen Entnahme auf den Fall der Betriebsaufgabe ausgedehnt. Nach der jahrzehntelang praktizierten Rechtsprechung zur sog. Theorie der finalen Betriebsaufgabe war für den Fall, dass ein Unternehmer seinen bisher im Inland ansässigen Betrieb vollständig in einen ausländischen Staat verlegte (Totalentnahme im Inland) und von dort aus fortführte, hinsichtlich der im Betriebsvermögen angesammelten stillen Reserven – wie bei einer tatsächlichen Betriebsaufgabe – gem. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG von der Aufdeckung und Sofortversteuerung auszugehen. Dies verneint der BFH nunmehr aus den gleichen Gründen, die ihn zur Aufgabe der sog. Theorie der finalen Entnahme bei der Überführung von Einzelwirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte bewogen haben.
Die Besteuerung der stillen Reserven sei erst bei der dann im Ausland stattfindenden tatsächlichen Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs möglich. In diesen Fällen habe die Bundesrepublik Deutschland weiterhin ein Besteuerungsrecht für die entstandenen stillen Reserven, die bis zur Verlegung des Betriebs erwirtschaftet worden sind. Folge dieser Rechtsprechung ist, dass es für die deutschen Finanzbehörden oftmals schwierig bis unmöglich sein wird, den tatsächlichen Realisationsakt im Ausland zu verfolgen.
Der Gesetzgeber hat hierauf im Jahressteuergesetz 2010 reagiert. Die Regelung des § 16 Abs. 3a EStG setzt die Grundsätze der Theorie der finalen Betriebsaufgabe nun gesetzlich um. Sie stellt die Besteuerung der im Inland entstandenen stillen Reserven sicher und trägt dem Umstand Rechnung, dass es für die deutschen Finanzbehörden oftmals schwierig bis unmöglich ist, das weitere Schicksal des in das Ausland verlegten Betriebsvermögens zu überwachen und den tatsächlichen Realisationsakt im Ausland zu erkennen und zu erfassen.
Ergänzt wird die Regelung des § 16 Abs. 3a EStG durch § 36 Abs. 5 EStG. Damit wird eine Möglichkeit geschaffen, bei Verlegung des Betriebs in einen anderen EU- oder EWR-Staat die auf den Aufgabegewinn und den durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart erzielten Gewinn festgesetzte Steuer auf Antrag zinslos in 5 gleichen Jahresraten zu entrichten.
Zur Vermeidung einer derartigen Entstrickung stellt sich die Frage einer "Vorschaltlösung".
Steuerentstrickung
Der freiberufliche Unternehmer C hat in den letzten Jahrzehnten umfangreiche Erfindungen gemacht, die zu hohen Lizenzeinnahmen führen. Der Wert der Patente liegt bei 10 Mio. EUR. C möchte sich mit 60 zur Ruhe setzen und auf die Kanarischen Inseln auswandern. Der inländische Wohnsitz soll aufgegeben werden, die Lizenzen dazu dienen, den Lebensunterhalt in Spanien zu bewirken.
Zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 16 Abs. 3a EStG – einer Schlussbesteuerung der Patente mit 10 Mio. EUR stille Reserven – überlegt sein Steuerberater, das bisherige Einzelunternehmen vor dem Wegzug in eine GmbH & Co. KG einzulegen. Sitz und Ort der Geschäftsleitung so...