Im Rahmen der Veröffentlichung der 15 BEPS-Aktionspläne beschäftigte sich der Aktionsplan 1 insbesondere mit den Fragen einer sachgerechten Besteuerung der digitalen Wirtschaft. Hierbei wurde auch der Vorschlag unterbreitet, neben den bisherigen Merkmalen der Betriebsstättenbesteuerung (örtliche, persönliche oder zeitliche Betriebstättenbesteuerung) als weitere Fallgruppe für die digitale Wirtschaft auf eine signifikante ökonomische Präsenz abzustellen. Ein konkreter einheitlicher Ansatz (z. B. in Art. 5 OECD-MA) konnte jedoch nicht verabschiedet werden. Als Konsequenz haben viele Staaten sogenannte Post-BEPS-„Digitalsteuern“ einzuführen. Beispiele sind:
• 2016: Indien: Equalisation Levy; Frankreich: Streaming-Tax
• 2017: Ungarn: Advertisement Tax
• 2018: EU: Richtlinienvorschlag einer Europäische Digitalsteuer sowie zur Besteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz – der mangels Einstimmigkeit gescheitert ist -
• 2019: Frankreich: GAFA-Tax
• 2019: Indien: Signifikante ökonomische Präsenz
• 2019: Italien: Web-Tax • 2020: Großbritannien: Digitalsteuer
• 2020: Österreich und Spanien: Digitalsteuer (auf Basis des EU-Vorschlags)
Die OECD reagierte 2018 mit einem Zwischenbericht, der sich insbesondere mit der Dokumentation der o. g. unilateralen Post-BEPS-„Digitalsteuern“ beschäftigt, aber auch die Probleme der Steuerinkonsistenzen durch Überschneidung mit klassischen Ertragsteuern und die Gefahren der wirtschaftlicher Doppelbesteuerung (Art 2 OECD-MA) aufarbeitet. Zur Lösung erfolgte im Frühjahr 2019 die Veröffentlichung eines OECD Public Consultation Documents mit einem Zweisäulenmodel:
• Pillar One enthält Vorschläge zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft und der Überarbeitung der Verrechnungspreismethoden und
• Pillar Two beinhaltet den Global Anti Base Erosion Proposal (GLOBE), nimmt also die deutsch-französischen Vorschläge zur globalen Mindestbesteuerung auf.
Im Mai und Oktober 2019 wurden umfassende Arbeitspapiere, insbesondere der einheitlicher Ansatz "Unified Approach" der Säule 1 veröffentlicht. Nach der derzeitigen Planung soll im Jahr 2020 ein weiterer OECD Zwischenbericht und im Jahr 2021 der OECD Abschlussbericht veröffentlicht werden.
Hinsichtlich Einzelheiten vgl. Boehle/Scholtholt: Gestaltungsoptionen zur gerechten Besteuerung von Digitalkonzernen, IStR 2019, 919.
Schön: Seminar F (IFA/OECD): Internationale Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft, IStR 2019, 647.
Wünnemann: Herausforderungen der Besteuerung der digitalen Wirtschaft im Jahr 2019, IStR 2019, 134.
Eilers/Oppel: Die Besteuerung der digitalen Wirtschaft: Trends und Diskussionen, IStR 2018, 361.
Schlund: Vorschläge der Europäischen Kommission für eine faire Besteuerung der digitalen Wirtschaft, DStR 2018, 937. Kokott: Herausforderungen einer Digitalsteuer, IStR 2019, 123.
Becker/van der Ham/ Mühlhausen: Ertragsbesteuerung digitaler Geschäftsmodelle deutscher Unternehmen im Outbound-Fall, IStR 2019, 524.
Greil: Die Besteuerung der digitalen Wirtschaft und Zuordnung von Besteuerungsrechten – A Brave New World, DStR 2019, 1653.
Steuererhebung kritisch
Auch wenn die Entwicklungen noch nicht abgeschlossen sind, lässt sich hieraus für die Praxis Folgendes ableiten:
Die Erhebung einer spezifischen ausländischen Digitalsteuer dürfte in vielen Fällen nicht mit dem DBA vereinbar sein, da ohne ausländische Betriebsstätte die Ertragsbesteuerung nur dem Staat der Ansässigkeit (Geschäftsleitung) zusteht. Entsprechend Rechtsbehelfe sind im Ausland zu führen. Hilfsweise sollte im Inland ein Antrag auf Anrechnung nach § 34c EStG/§ 26 KStG gestellt werden.
Bei geplanten Auslandsaktivitäten im digitalen Bereich kann hinsichtlich der Ermittlung einer potentiellen Steuerbelastung nicht ausschließlich auf die bisherigen Grundsätze abgestellt werden, vielmehr muss auch die zumindest partielle Besteuerung im Ausland für Aktivitäten mit eingeplant werden.