Die deutschen DBA sehen für die Betriebsstättengewinne regelmäßig die Steuerfreistellung unter Progressionsvorbehalt vor.
Es gibt jedoch eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen sowohl im DBA, im AStG als auch im EStG, die die Steuerfreistellung wieder einschränken und insoweit wieder auf die Anrechnungsmethode übergehen. Diese sind im gesonderten Beitrag "Grenzüberschreitende Beteiligung an Personengesellschaften – Rechtsfolgen" umfassend dargestellt. Nachfolgend die Grundsätze soweit diese die originären Betriebstätten betreffen:
9.2 Erste Ausnahme – Aktivitätsklausel im Doppelbesteuerungsabkommen
Nur ausnahmsweise sehen die DBA wie z. B. Art. 24 DBA Schweiz einen Aktivitätsvorbehalt vor, d. h., die Einkünfte aus passiver Tätigkeit fallen unter die Anrechnungsmethode. Die DBA enthalten Aktivitätsklauseln, die entweder einen eigenen Katalog der "begünstigten" gewerblichen Aktivitäten enthalten oder auf den Katalog der Hinzurechnungsbesteuerung in § 8 AStG verweisen.
Soweit die DBA in den Aktivitätsklauseln eigene Abgrenzungskriterien aufgestellt haben, werden i. d. R. die Herstellung und der Verkauf von Gütern und Waren, die technische Beratung, technische Dienstleistungen und Bank- bzw. Versicherungsgeschäfte als aktive (unschädliche) Tätigkeiten eingestuft. Notwendig ist eine fast ausschließliche, d. h. 90 %ige aktive Tätigkeit, Nach den DBA Polen (bis 2004), Rumänien (bis 2003), Singapur (bis 2006) und Tschechoslowakei gehört hingegen die technische Beratung nicht zu den aktiven Tätigkeiten.
Doppelbesteuerung
Ein deutsches Unternehmen unterhält eine Betriebsstätte in Tschechien, deren Einnahmen zu 50 % aus dem Verkauf von Waren und zu 50 % aus Vermittlungsprovisionen für andere deutsche Firmen bestehen.
Gem. Art. 7 Abs. 1 DBA Tschechoslowakei darf Tschechien als Quellenstaat die Einkünfte der Betriebsstätte des deutschen Unternehmens besteuern. Deutschland vermeidet die Doppelbesteuerung durch Anrechnung der tschechischen Steuer, da die Betriebsstätte die Aktivitätsklausel des Art. 23 Abs. 1 Buchst. c nicht erfüllt. Eine Freistellung unter Progressionsvorbehalt kommt für diese Betriebsstätte nicht in Betracht.
Abwandlung:
Die tschechische Betriebsstätte erzielt zu 90,1 % Einnahmen aus dem Verkauf von Waren. Lösung wie oben, jedoch stellt Deutschland die Einkünfte der Betriebsstätte unter Progressionsvorbehalt gem. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA Tschechoslowakei frei. Eine Anrechnung der tschechischen Steuer ist wegen der Freistellung ausgeschlossen.
Die Aktivitätsklauseln ergeben sich i. d. R. aus dem "Methodenartikel" (Art. 23 OECD-MA) oder ‹versteckt› im Protokoll/Schlussprotokoll zum Methodenartikel. Einen Überblick über derzeit zu beachtende Aktivitätsklauseln gibt die nachfolgende Tabelle.
Hierbei ist jedoch in jedem Fall ein Abgleich mit dem maßgebenden Text vorzunehmen, da sich im Einzelfall eine Abweichung ergeben kann. So ist z. T. der Verweis auf das AStG auf eine Fassung des Jahres xyz bezogen (statische Betrachtung, maßgebend ist § 8 AStG in der zum Zeitpunkt der Verkündung des Abkommens geltenden Fassung!), während in einem anderen Land der Verweis dynamisch formuliert wurde (d. h. auf die Fassung des AStG im Veranlagungszeitraum abzustellen ist).
Übersicht über Aktivitätsklauseln für Betriebsstättengewinne
DBA-Staat |
Keine Aktivitätsklausel |
Aktivitätsklausel |
Verweis auf § 8 AStG |
Nach Art. … des jeweiligen DBA (P = Protokoll zum DBA) |
Ägypten |
|
X |
|
24 Abs. 1 Buchst. d |
Albanien |
|
X |
X |
|
Algerien |
|
X |
X |
23 Abs. 2 Buchst. c |
Argentinien |
|
X |
|
P Ziff. 5 zu Art. 23 |
Armenien vgl. UdSSR Armenien ab 2018 |
Fortgeltung DBA-UdSSR (s. dort) x |
|
|
Aserbaidschan |
(bis 2005) |
|
|
|
Aserbaidschan |
(ab 2006) |
|
X |
X |
23 Abs. 1 Buchst. c |
Australien Australien ab 2018 |
|
X X |
|
P Ziff. 10d zu Art. 22 22 Abs. 2d |
Bangladesch |
|
X |
|
22 Abs. 1 Buchst. d |
Belarus (Weißrussland) |
(bis 2006) |
Fortgeltung DBA-UdSSR (s. dort) |
|
|
Belarus |
(ab 2007) |
|
X |
X |
23 Abs. 1 Buchst. c |
Belgien |
X |
|
|
|
Bolivien |
|
X |
|
P Ziff. 8 zu Art. 23 |
Bosnien/Herzegowina |
Fortgeltung DBA-Jugoslawien (s. dort) |
|
|
Brasilien |
|
X |
|
P Ziff. 8 zu Art. 24 |
Bulgarien (ab 2011) |
|
X |
X |
22 Abs. 1 Buchst. c |
Ceylon |
s. Sri Lanka |
|
|
China China ab 2017 Costa Rica (ab 2017) |
|
X X X |
|
P Ziff. 6b zu Art. 24 Abs. 2 23 Abs. 2c 23 Abs. 1c |
Côte d’Ivoire |
|
X |
|
23 Abs. 1 Buchst. e |
Dänemark |
X |
|
|
|
Ecuador |
|
X |
|
P Ziff. 3 zu Art. 23 |
Elfenbeinküste |
s. Côte d’Ivoire |
|
|
Estland |
|
X |
X |
23 Abs. 1 Buchst. c |
Finnland |
|
X |
|
P Ziff. 5 zu Art. 23 |
Frankreich |
X |
|
|
|
Georgien |
(bis 2007) |
Fortgeltung DBA-UdSSR (s. dort) |
|
|
Georgien |
(ab 2008) |
|
X |
X |
23 Abs. 1 Buchst. c |
Ghana |
(ab 2008) |
|
X |
X |
24 Abs. 1 Buchst. c |
Griechenland |
|
X |
|
17 Abs. 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb |
Großbritannien |
s. Vereinigtes Königreich |
|
|
|
Indien |
|
X |
|
23 Abs. 1 Buchst. e |
Indonesien |
|
X |
|
23 Abs. 1 Buchst. d |
Iran |
|
X |
|
24 Abs. 1 Buchst. d |
Irland (ab 2013) |
|
X |
X |
23 Abs. 2 Buchst. c |
Island |
|
X |
|
P zu Art. 23 Abs. 1 Buchst. a |
Israel Israel ab 2017 |
|
X X |
|
18 Abs. 1 Buchst. d 22 Abs. 1c |
Italien |
X |
|
|
|
Jamaika |
|
X |
|
P Ziff. 2 zu Art. 23 |
Japan |
X |
|
|
|
Jugoslawien |
Wegen Namensänderung s. bei Serbien |
|
|
Kanada |
(bis 2000) |
X |
|
|
|