Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Bei Investitionsabzugsbeträgen, die nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der erstmaligen Steuerfestsetzung oder der erstmaligen gesonderten Feststellung in Anspruch genommenen werden, setzt die Hinzurechnung voraus, dass das begünstigte Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Investitionsabzugsbeträge noch nicht angeschafft oder hergestellt worden ist. Diese Regelung ist erstmals für Investitionsabzugsbeträge anzuwenden, die für Wirtschaftsjahre in Anspruch genommen werden, die nach dem 31.12.2020 enden.
Diese Regelung soll der Vermeidung von ungewollten Gestaltungen dienen. Investitionsabzugsbeträge können nicht nur im Rahmen der erstmaligen Steuererklärung geltend gemacht werden. Auch eine nachträgliche Beantragung ist möglich, sofern die entsprechende Steuerfestsetzung verfahrensrechtlich noch änderbar ist (z. B. Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO). Diese Möglichkeit wird aber insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen dafür genutzt, bei der Prüfung festgestellte Mehrergebnisse auch noch nach Anschaffung eines Wirtschaftsguts durch Inanspruchnahme des § 7g EStG zu kompensieren.
Es ist jedoch – so die Gesetzesbegründung – nicht zielführend, die Steuervergünstigung des § 7g EStG auch dann noch zu gewähren, wenn die Inanspruchnahme (also die Wirkung der Steuerminderung) zeitlich deutlich nach dem Investitionszeitpunkt liegt. In diesen Fällen dient der Abzugsbetrag nicht mehr der Finanzierung von Investitionen und widerspricht dem ausschließlichen Sinn und Zweck des § 7g EStG, die Finanzierung von künftigen Investitionen zu erleichtern. Diese Regelung verhindert die Verwendung von Investitionsabzugsbeträgen für Investitionen, die zum Zeitpunkt der Geltendmachung bereits angeschafft oder hergestellt wurden. Sie betrifft ausschließlich nachträglich beantragte Investitionsabzugsbeträge, die nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der erstmaligen Steuerfestsetzung oder der erstmaligen gesonderten Feststellung, also nach Ablauf der Einspruchsfrist von einem Monat, in Anspruch genommenen wurden, z. B. im Rahmen eines Änderungsantrags nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO. Dadurch bleibt sichergestellt, dass bis zum Ende der Einspruchsfrist der erstmaligen Steuerfestsetzung geltend gemachte Abzugsbeträge weiterhin für begünstigte Wirtschaftsgüter unabhängig von deren Investitionszeitpunkt verwendet werden können.
Der Antrag auf den Investitionsabzugsbetrag kann nicht nur im Rahmen der erstmaligen Steuererklärung gestellt werden. Sofern die Veranlagung verfahrensrechtlich noch änderbar ist (z. B. bei Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO), ist auch noch eine nachträgliche Beantragung möglich. Diese Möglichkeit wurde in der Vergangenheit insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen dafür genutzt, die bei der Prüfung festgestellten Mehrergebnisse durch Inanspruchnahme des § 7g EStG zu kompensieren.
Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde mit § 7g Abs. 2 S. 2 EStG eine zeitliche Beschränkung in den Gesetzestext eingefügt:
Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 1.1.2021 enden, gelten Einschränkungen für die Hinzurechnung von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g Abs. 2 S. 1 EStG, die erst nach Eintritt der Unanfechtbarkeit
- der erstmaligen Steuerfestsetzung oder
- der erstmaligen gesonderten Feststellung
beim Finanzamt geltend gemacht werden.
Unanfechtbar werden Bescheide mit Ablauf der Einspruchsfrist bzw. Beendigung eines Einspruchs-/Klageverfahrens. Die Einschränkungen gelten somit auch für Bescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO ergangen sind, wenn der Antrag auf die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags nach diesem Zeitpunkt beim Finanzamt eingeht. Begründet wird diese Regelung damit, dass der Abzugsbetrag in diesen Fällen nicht mehr der Finanzierung von Investitionen dient und somit dem Sinn und Zweck des § 7g EStG, die Finanzierung von künftigen Investitionen zu erleichtern, widerspricht.
Zulässig bleibt die Hinzurechnung, wenn das Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Änderungsantrags noch nicht angeschafft/hergestellt worden ist.
Wann ein Investitionsabzugsbetrag wirksam rückwirkend gebildet werden kann
Das Finanzamt hat den Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2021 am 10.5.24 unter Vorbehalt der Nachprüfung übersandt. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Im Rahmen der Betriebsprüfung für den Veranlagungszeitraum 2021 beantragt der Stpfl. im Mai 2025 die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags von 50.000 EUR für das Jahr 2021. Er möchte diesen für eine im Januar 2024 getätigte Investition nutzen und das Wahlrecht nach § 7g Abs. 2 S. 1 EStG ausüben.
Die Bildung des Investitionsabzugsbetrags ist grundsätzlich unbeschränkt möglich, solange der Bescheid noch änderbar ist, somit auch für das Jahr 2021. Allerdings ist die Nutzung des Betrags im Mai 2025 für ein bereits angeschafftes Wirtschaftsgut nach § 7g Abs. 2 S. 2 EStG nicht zulässig. Da der Begünstigungszeitraum des § 7g EStG für ein für 2021 gebildeten Betrag bereits...