Es wäre vermessen zu glauben, dass eine ursprüngliche Kostenplanung während der gesamten Projektlaufzeit unverändert bestehen bleiben könnte. Ursachen für veränderte Kostenplanungen (absolute Veränderungen oder Verschiebungen zwischen einzelnen Positionen) entstehen zumeist in den HOAI-Projektphasen 7 (Ausschreibungen und Vergaben) und HOAI 8 (Bauen, Kostenfeststellung).
In HOAI 7 liegt es zumindest teilweise in der Hand des Bauherren, ob und inwieweit er Abweichungen akzeptiert, die im Rahmen der Vergabe deutlich werden. Über Nachverhandlungen wird ein guter Bauleiter bzw. Projektsteuerer in der Lage sein, Angebote bis zu einem vertretbaren Kompromiss nachzuverhandeln. Ggf. wird man auch Einsparungen bei der ursprünglich geplanten Ausführung, z. B. Qualität des Innenputzes, in Kauf nehmen, um Kosteneinsparungen zu erreichen.
Hohe Preisreduzierungen in der Vergabephase provozieren hohe Nachträge
Baufirmen werden versuchen, in den Verhandlungen vereinbarte Preisreduzierungen über Nachträge wieder auszugleichen. Je stärker der Preis in der Verhandlung gedrückt wurde, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Nachträgen. In HOAI 8 werden die bauausführenden Firmen dann probieren, höhere Preise durchzusetzen. Hier liegt es am Verhandlungsgeschick und an der Vertragsgestaltung, inwieweit man solchen Preiserhöhungen nachkommen muss oder ob man sich auf bestehende Verträge berufen kann.
Ein anderer wesentlicher Grund für Kostenerhöhungen sind ggf. während des Baus deutlich werdende erforderliche Umplanungen.
Kostensteigerungen durch Probleme mit Nachbarn und Baugrund
Beispiel 1: Abschlagszahlungen an Nachbarn
Da es sich um innerstädtische Grundstücke handelte, war es erforderlich, ohne Abstandsflächen direkt bis an die Nachbargrundstücke zu bauen. Baurechtlich war das möglich. Während des Aushubs der Baugrube wurde deutlich, dass mittels einer speziellen Bohrpfahltechnik die Gebäude auf den Nachbargrundstücken abgefangen werden mussten. Darüber hinaus machte ein Nachbar Schäden und Beeinträchtigungen an einem Lagergebäude auf seinem Grundstück geltend. Diese Forderungen waren zumindest zweifelhaft. Allerdings hätte ein Gerichtsverfahren mehrjährige Bauverzögerungen mit sich gebracht. Aus diesem Grund wurde ein Vergleich geschlossen, der ein Weiterbauen (wenn auch mit Verzögerungen) ermöglicht hat und eine Abstandszahlung im 6-stelligen Bereich mit sich brachte. Diese Abstandszahlungen und die zusätzliche Sicherung der Baugrube verteuerten das Projekt um rund 0,5 Mio. EUR.
Beispiel 2: Alternativensuche für mangelhaften Baugrund
Um die nach Kommunalsatzung erforderlichen Stellplätze in der Tiefgarage errichten zu können, war zunächst eine 2. Tiefgaragenebene vorgesehen. Bei den Baugrunduntersuchungen stellte sich heraus, dass das aufgrund anstehenden Grund- und Schichtwassers nur mit immensen Kosten möglich gewesen wäre. Deshalb entschloss man sich zu einer anderen Variante: Man kaufte ein Grundstück im direkten Anschluss an die zu bebauenden Grundstücke. Dieses Grundstück war bisher mit einer Grünanlage versehen und eignete sich nicht als Baugrundstück, da der Zugang zu dahinterliegenden Wohn- und Geschäftshäusern nur über dieses Grundstück möglich war. Die ursprünglich geplante 2. Tiefgaragenebene wurde unter dieses Grundstück gebaut. Nach Abschluss der Arbeiten wurde die Deckplatte mit Erde aufgefüllt und die Grünanlage und die Zuwegungen zu den anderen Grundstücken wurden wieder hergestellt. Abstandszahlungen an die Eigentümer der anliegenden Gebäude wegen der zeitweise behinderten Zuwegung und der Kauf des Grundstücks schlugen mit rund 1,5 Mio. EUR zu Buche.
Hier sollte man die entsprechenden Reserven in der Finanzierung vorsehen und vor allem auch darauf achten, dass die Entscheidungsgremien des Unternehmens bereit sind, bei entsprechender Begründung und innerhalb eines vorher festgelegten Rahmens die Kostensteigerungen zu sanktionieren.