Leitsatz
1. § 2 Satz 1 Nr. 5a InvZV setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut mindestens drei Jahre nach seiner Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen eines aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmenden Betriebs oder einer Betriebsstätte gehört (Bestätigung des Senatsurteils vom 27. April 1999, III R 32/98, BFHE 188, 475, BStBl II 1999, 615).
2. Legt der Investor den Betrieb vorher still, so ist der Verbleib des Wirtschaftsguts im Betrieb ebenso zulagenschädlich wie eine Verschrottung des noch nicht (technisch oder wirtschaftlich) verbrauchten Wirtschaftsguts.
Normenkette
: InvZV § 2 S. 1 Nr. 6a , InvZulG 1991 § 2 S. 1 Nr. 1
Sachverhalt
Der Kläger, der einen Kohlenhandel betrieb, erhielt für einen am 27.10.1990 angeschafften Lkw sowie eine ebenfalls im Jahr 1990 angeschaffte Waage Investitionszulage. Am 30.11.1991 stellte er seinen Betreib ein. Den Lkw verkaufte er im Oktober 1992 an ein ebenfalls im Fördergebiet ansässiges Unternehmen, das den Lkw am 31.8.1993 abmeldete und im Dezember 1993 nach Polen verkaufte. Die Waage soll dem Vorbringen des Klägers zufolge unmittelbar nach Betriebsaufgabe verschrottet worden sein.
Das Finanzamt hob im Anschluss an eine Betriebsprüfung den Investitionszulagenbescheid auf und setzte die Investitionszulage auf 0,00 DM fest. Die Klage und Revision hiergegen waren erfolglos.
Entscheidung
Der BFH war der Auffassung, die beiden Wirtschaftsgüter hätten nicht drei Jahre nach ihrer Anschaffung zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte in der DDR gehört. Ein Betrieb bzw. eine Betriebsstätte in dem hier maßgeblichen Sinn sei nur bei einem aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen Betrieb zu bejahen.
Da der Lkw nach Einstellung des Betriebs zum 30.11.1991 bis zu seiner Weiterveräußerung im Oktober 1992 fast ein Jahr lang nicht mehr zum Anlagevermögen eines werbenden Betriebs gehört habe, sei die Voraussetzung einer dreijährigen Zugehörigkeit nicht erfüllt, und zwar unabhängig davon, ob das Wirtschaftsgut nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehöre.
Hinsichtlich der Waage hat der BFH offen gelassen, ob vom Vortrag des Klägers auszugehen sei, die Waage sei verschrottet worden. Auch wenn dies zuträfe, wäre dies investitionszulagenschädlich, weil die Verschrottung nicht darin begründet gewesen sei, dass die etwa sechs Monate alte Waage technisch oder wirtschaftlich verbraucht gewesen sei. Vielmehr handle es sich um eine betriebswirtschaftlich begründete Entsorgungsmaßnahme, die innerhalb der Drei-Jahres-Frist zulagenschädlich ist.
Hinweis
Das Urteil ist zwar zur Investitionszulagenver-ordnung ergangen. Da diese nach Systematik und Zielsetzung bereits dem Investitionszulagengesetz der BRD entsprach, beansprucht es Gültigkeit auch für die nachfolgenden Investitionszulagengesetze.
Der Förderungszweck dieser Gesetze ist die Stärkung der Wirtschaftskraft im Fördergebiet, insbesondere die möglichst dauerhafte Schaffung neuer Arbeitsplätze. Dies setzt eine Mindestverweildauer in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet voraus. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die geförderten Investitionen ein Mindestmaß konkreter Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft haben.
Wird der werbende Betrieb eingestellt und das Wirtschaftsgut nicht alsbald an ein anderes Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte im Fördergebiet veräußert, wird dieses Ziel, insbesondere die Schaffung neuer Arbeitsplätze, verfehlt. Erforderlich ist daher, dass das geförderte Wirtschaftsgut mindestens drei Jahre nach seiner Anschaffung oder Herstellung zum Anlagermögen eines aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmenden Betriebs oder einer Betriebsstätte gehört.
In vergleichbaren Fällen ist daher anzuraten, Wirtschaftsgüter, für die Investitionszulage bezogen wurde und für die die Drei-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen ist, möglichst vor Einstellung des Betriebs oder unmittelbar danach zu veräußern.
Eine Verschrottung innerhalb der Drei-Jahres-Frist ist nur dann unschädlich, wenn das Wirtschaftsgut infolge wirtschaftlichen Verbrauchs, eines Totalschadens oder Mangelhaftigkeit vor Ablauf der gewöhnlichen Nutzungsdauer ausscheidet. Dagegen führt die Verschrottung infolge der Einstellung des Betriebs zur Rückforderung der Investitionszulage.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.9.2000, III R 44/96