Dipl.-Finw. (FH) Roland Ronig
2.1 Besteuerungssystem
Ab dem 1.1.2018 gelten neue Regeln für die Besteuerung von Investmentfonds und deren Anlegern. Das InvStG unterscheidet ab dem Jahr 2018 zwischen 2 voneinander unabhängigen Besteuerungssystemen. Die Basis bildet – so die Gesetzesbegründung – ein einfaches, leicht administrierbares, gestaltungssicheres und "intransparentes" Besteuerungssystem für Investmentfonds, das wie bei anderen Körperschaften auf der getrennten Besteuerung von Investmentfonds und Anleger basiert. Zu den Investmentfonds im Sinne des InvStG 2018 gehören alle Alternativen Investmentfonds (AIF) und Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW) im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB), soweit sie keine Spezial-Investmentfonds sind. Personengesellschaften sind ebenfalls generell keine Investmentfonds. Umgekehrt formuliert: Investmentfonds sind ab 2018 alle offenen (Publikums-)Investmentfonds sowie alle geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft. Die steuerrechtlichen Grundlagen für Investmentfonds ergeben sich aus dem Kapitel 2 des InvStG.
Spezial-Investmentfonds
Daneben gibt es noch das Besteuerungssystem für Spezial-Investmentfonds, welches in Kapitel 3 des InvStG geregelt ist. Da dieses aber generell nur institutionellen Anlegern vorbehalten ist, wird hierauf an dieser Stelle nicht eingegangen.
Das InvStG ist wie folgt gegliedert:
Kapitel 1
- §§ 1-5a Allgemeine Regelungen
Kapitel 2
- §§ 6-15 Besteuerung des Investmentfonds
- §§ 16-22 Besteuerung des Anlegers eines Investmentfonds
§§ 23-24 Verschmelzung / Wechsel des Besteuerungssystems
Kapitel 3
§§ 25-52 Besteuerungssystem für Spezial-Investmentfonds
Kapitel 4-6
§§ 53-57 Altersvorsorgevermögensfonds, Bußgeld-, Anwendungs- und Übergangsvorschriften
BMF-Schreiben zu Anwendungsfragen
Das BMF hat erstmals am 21.5.2019 ein umfassendes BMF-Schreiben veröffentlicht, welches Fragen rund um das 2018 geltende Investmentsteuerrecht beantwortet. Das Schreiben ist nach §§ gegliedert. So sind beispielsweise die Anwendungsfragen zu § 16 InvStG (Investmenterträge) in der Tz. 16 aufgeführt. Diese untergliedern sich wieder in Randziffern (Rz. 16.1 ff).
Das BMF-Schreiben v. 21.5.2019 befasst sich im Wesentlichen mit den Regelungen zu den Kapiteln 1 (Allgemeine Regelungen), 2 (Investmentfonds) und den Übergangsregelungen in § 56 InvStG.
Durch mehrere nachfolgende Schreiben (zuletzt vom 6.9.2022, BStBl 2022 I S. 1380) wurden weitere Fragen insbesondere zu den Spezial-Investmentfonds in Kapitel 3 des InvStG beantwortet. Teilweise kam es hierbei auch zu neuen Aussagen des BMF zu übrigen Bereichen des InvStG.
2.2 Besteuerung auf Anlegerebene
2.2.1 Systematik und Teilfreistellung
Einkünfte aus Investmentfonds (Ausschüttungen, Vorabpauschalen und Veräußerungsgewinne gem. § 16 InvStG) gehören bei Privatanlegern zu den Kapitaleinkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG und unterliegen somit auch der Abgeltungsteuer. Im Betriebsvermögen fließen Betriebseinnahmen zu. Als Ausgleich für die Vorbelastung der Einkünfte auf Fondsebene mit inländischen Steuern (vgl. oben) bzw. mit ausländischen Steuern werden die Einkünfte des Anlegers teilweise von der Einkommensteuer befreit. Diese Teilfreistellung soll eine Doppelbelastung durch die Besteuerung des gleichen Ertrags sowohl auf der Fonds- als auch auf der Anlegerebene vermeiden. Es erfolgt eine pauschale Freistellung, wobei sich die Höhe der Steuerfreistellung nach dem Anlageschwerpunkt des Investmentfonds bestimmt. Hierbei wird generell auf die Anlagebedingungen des Investmentfonds abgestellt.
Es gelten folgende Freistellungssätze:
|
Privatvermögen |
BV EStG |
BV KStG |
Aktienfonds (Kapitalbeteiligungsquote > 50 %) |
30 % |
60 % |
80 % |
Mischfonds (Kapitalbeteiligungsquote > 25 %) |
15 % |
30 % |
40 % |
Immobilienfonds (Immobilienquote > 50 %) |
60 % |
60 % |
60 % |
Auslands-Immobilienfonds (Auslandsimmobilienquote > 50 %) |
80 % |
80 % |
80 % |
sonstige Investmentfonds |
keine |
keine |
keine |
Die Einordnungskriterien ergeben sich aus § 2 InvStG.
Einzelfragen rund um die Einstufungskriterien beantwortet die Finanzverwaltung in den Rz. 2.6 ff des Anwendungsschreibens zum InvStG.
Für die Gewerbesteuer gilt die hälftige Teilfreistellung.
2.2.2 Ausschüttungen
Ab 2018 versteuert der Anleger nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 InvStGdie ihm zugeflossenen Ausschüttungen (zzgl. der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge) ggf. unter Abzug der Teilfreistellung. Es wird nicht mehr wie bis 2017 dahingehend unterschieden, aus welchen Erträgen des Fonds die Ausschüttung gespeist wird.
Aktien-Investmentfonds
Privatanleger A erhält im Jahr 2022 eine (Brutto-)Ausschüttung aus dem XY-Aktieninvestmentfonds i. H. v. 10.000 EUR. Diese unterliegen nach Abzug der Teilfreistellung (30 %) mit 7.000 EUR der Abgeltungsteuer.
Besonderheiten gelten nur fü...