Rz. 531

Stimmbindungsvereinbarungen, Konsortial- oder Poolverträge sind Verträge, in denen sich Gesellschafter gegenüber Mitgesellschaftern oder Dritten schuldrechtlich verpflichten, das Stimmrecht aus ihren Geschäftsanteilen in bestimmter Weise auszuüben. Wie das Stimmrecht auszuüben ist, kann entweder schon in der Stimmbindungsvereinbarung selbst oder auf andere Weise nach den Regeln der Vereinbarung festgelegt werden. Solche Verträge sind grundsätzlich zulässig.[1] Sie sind beispielsweise bei Familiengesellschaften mit mehreren Familienstämmen, bei der Übertragung von Geschäftsanteilen auf die nächste Generation zur Koordination der Interessen der Altgesellschafter oder beim Eintritt von Beteiligungsgesellschaften verbreitet. Wegen Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig sind hingegen Stimmbindungsverträge, in denen ein Entgelt für eine bestimmte Stimmabgabe vorgesehen ist.[2]

 

Rz. 532

Stimmbindungsverträge bedürfen keiner bestimmten Form; das gilt auch dann, wenn sie formbedürftige Beschlüsse wie etwa Satzungsänderungen umfassen.[3] Gesellschafter sind nicht verpflichtet, einander Auskunft über bestehende Stimmbindungsverträge zu erteilen.[4]

 

Rz. 533

Gibt ein Gesellschafter seine Stimme in der Gesellschafterversammlung im Widerspruch zu der Vereinbarung im Stimmbindungsvertrag ab, bleibt die Stimmrechtsausübung gegenüber der Gesellschaft wirksam. Nur ein Verstoß gegen einen alle Gesellschafter verpflichtenden Stimmbindungsvertrag kann die Anfechtbarkeit des Beschlusses begründen.[5] In jedem Fall kann ein Verstoß Schadensersatzansprüche auslösen. Da es häufig schwierig sein dürft, einen konkreten Schaden nachzuweisen, ist eine Absicherung über Vertragsstrafen üblich und empfehlenswert. Daneben besteht ein einklagbarer Erfüllungsanspruch.[6] Die Vollstreckung erfolgt gem. § 894 ZPO, also durch Ersetzung der Stimmabgabe des Gesellschafters.[7] Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes kann im Vorfeld ein Verbot abredewidriger Stimmabgaben durchgesetzt werden.[8]

 

Rz. 534

Ein Gesellschafterversammlungsbeschluss, der unter Verstoß gegen Stimmbindungsvereinbarungen zustande gekommen ist, kann ausnahmsweise anfechtbar sein, wenn sämtliche Gesellschafter an die Stimmbindungsvereinbarung gebunden sind.[9]

[1] Hillmann, in Henssler/Strohn, § 47 GmbHG Rn. 88; BGH, Urteil v. 29.5.1967, II ZR 105/66, NJW 1967 S. 1963.
[2] Ebenso Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 47, Rn. 114 m. w. N.
[3] Ebenso Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 47, Rn. 113 m. w. N.
[4] Ebenso Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 47, Rn. 121 m. w. N.
[5] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 47 Rn. 118. Wird z. B. über die Geschäftstätigkeit der GmbH oder die Abberufung eines Geschäftsführers stimmbindungswidrig abgestimmt, so begründet dies die Anfechtbarkeit, BGH, Urteil v. 20.1.1983, II ZR 243/81, NJW 1983 S. 1910 und BGH, Urteil v. 27.10.1986, II ZR 240/85, NJW 1987 S. 1890. Vom Gesellschaftsvertrag abweichende Abfindungsvereinbarungen zwischen den Gesellschaftern sind hingegen nur als Vertrag zugunsten der Gesellschaft anzusehen, den diese dem Abfindungsverlangen wirksam entgegenhalten kann, BGH, Beschluss v. 15.3.2010, II ZR 4/09, NZG 2010 S. 988.
[8] OLG Koblenz, Urteil v. 27.2.1986, 6 U 261/86, NJW 1986 S. 1692, 1693; Zutt, ZHR 155 (1991), S. 190, 199 ff.

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