Als Ausgangsgröße zur (rechnerischen) Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit eines Unternehmens wird häufig der (erweiterte) Cashflow verwendet. Der Cashflow eines Unternehmens ist sowohl direkt als auch indirekt ermittelbar.
3.1 Direkte Ermittlung des Cashflows
Der Cashflow ist ein Indikator für die Finanzkraft eines Unternehmens und entspricht bei der direkten Ermittlung der Differenz von einzahlungswirksamen Erträgen und auszahlungswirksamen Aufwendungen (s. Tab. 1).
einnahmewirksame Erträge |
– ausgabewirksame Aufwendungen |
= Cashflow |
Tab. 1: Direkte Ermittlung des Cashflows
Im Rahmen einer externen Jahresabschlussanalyse ist die direkte Ermittlung des Cashflows nur bedingt möglich, weil die ausgabewirksamen Aufwendungen nicht vollständig bekannt sind.
3.2 Indirekte Ermittlung des Cashflows
Deshalb wird bei der Ermittlung im Allgemeinen die indirekte Methode bevorzugt, wonach der Jahresüberschuss um bestimmte in ihm enthaltene einnahme- bzw. ausgabeunwirksame Erfolgskomponenten bereinigt wird (s. Tab. 2).
Jahresüberschuss |
+ ausgabeunwirksame Aufwendungen |
– einnahmeunwirksame Erträge |
= Cashflow |
Tab. 2: Indirekte Ermittlung des Cashflows (1)
Die Umsetzung der indirekten Cashflow-Ermittlung hängt von dem Ausmaß ab, in dem einnahme- und ausgabeunwirksame Erfolgskomponenten vorhanden sind. In der einfachsten Grundform ergibt sich der Cashflow als:
Jahresüberschuss/-fehlbetrag |
+ Abschreibungen (- Zuschreibungen) auf Anlagevermögen |
+ Erhöhungen (- Verminderungen) von langfristigen Rückstellungen |
= Cashflow |
Tab. 3: Indirekte Ermittlung des Cashflows (2)
Im Rahmen der Bestimmung der Kapitaldienstfähigkeit eines Unternehmens muss der Cashflow um diejenigen Komponenten korrigiert werden, die im Kapitaldienst selbst enthalten sind. Zum einen ist deshalb der Cashflow aus Tab. 3 um die geleisteten Zins- und Tilgungsaufwendungen zu erhöhen, da diese ihrerseits selbst Bestandteil des Kapitaldienstes sind.
3.3 Ermittlung des erweiterten Cashflows
Zum anderen müssen außerordentliche und periodenfremde Aufwands- und Ertragspositionen entfernt werden, ebenso ist der Einfluss dieser Korrekturen auf die Ertragsteuern zu berücksichtigen. Diese Korrekturen sind notwendig, da nur auf Basis des um außerordentliche und periodenfremde Positionen bereinigten Cashflows eine aussagekräftige Prognose des zukünftigen ordentlichen Cashflows erstellt werden kann. Damit ergibt sich der erweiterte Cashflow als Saldo der in Tab. 4 dargestellten Positionen.
Jahresüberschuss/-fehlbetrag |
+ Abschreibungen (- Zuschreibungen) auf das Anlagevermögen |
+ Erhöhungen (- Verminderungen) von langfristigen Rückstellungen |
+ Zins- und Tilgungszahlungen |
+/- außerordentliche und periodenfremde Positionen |
+/– Einfluss obiger Korrekturen (außerordentliche bzw. periodenfremde Positionen) auf die Ertragsteuern |
= erweiterter Cashflow |
Tab. 4: Ermittlung des erweiterten Cashflows
3.4 Ermittlung der Kapitaldienstgrenze
Aus dem so ermittelten erweiterten Cashflow kann die Kapitaldienstgrenze bestimmt werden. Die Kapitaldienstgrenze entspricht dem Teil des erweiterten Cashflows, der nach Abzug sonstiger Belastungen (wie z. B. Innenfinanzierung notwendiger Ersatzinvestitionen zur Aufrechterhaltung des Betriebes, Entnahmen und Ausschüttungen) zur Erbringung des Kapitaldienstes zur Verfügung steht. Damit ergibt sich die Kapitaldienstgrenze eines Unternehmens nach dem in Tab. 5 dargestellten Schema.
erweiterter Cashflow |
– innenfinanzierte Investitionen des Anlage- und Umlaufvermögens |
– Entnahmen/Ausschüttungen |
= Kapitaldienstgrenze |
Tab. 5: Bestimmung der Kapitaldienstgrenze
Die Kapitaldienstfähigkeit ist dann gegeben, sofern die Differenz zwischen Kapitaldienstgrenze und Kapitaldienst gegenwärtig und zukünftig größer als Null ist.
Der Kapitaldienst ergibt sich bei bestehenden Kreditverhältnissen aus den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Kreditgeber. Bei Neukrediten kann der Kapitaldienst aus der Multiplikation des Kreditbetrages mit der Summe des Zins- und Tilgungssatzes oder aus der Multiplikation von Kreditbetrag und Wiedergewinnungsfaktor ermittelt werden.
Indem der Kapitaldienst in das Verhältnis zur Kapitaldienstgrenze gesetzt wird, ergibt sich eine Auslastungsquote, die zur Beurteilung der Kapitaldienstfähigkeit eingesetzt werden kann. Eine Möglichkeit zur Einordnung der Auslastungsquote zeigt die in Tab. 6 dargestellte Skala.
Kapitaldienstauslastungsquote = Kapitaldienst/Kapitaldienstgrenze |
Bewertung |
unter 50 % |
sehr gut |
bis 60 % |
gut |
bis 70 % |
befriedigend |
bis 80 % |
ausreichend |
bis 90 % |
kritisch |
bis 99 % |
sehr kritisch |
Tab. 6: Skala Auslastungsquote