BMF, Schreiben v. 31.3.2017, IV C 1 - S 2252/15/10030 :003, BStBl I 2017, 725
Als besondere Ausprägung des Einlagengeschäftes bieten Kreditinstitute vereinzelt einen neuen Service zur Nutzung von Zinsprodukten Dritter an, die die Anlagemöglichkeiten der Kunden erweitern. Die Zinsprodukte unterscheiden sich von klassischen Tages- und Festgeldanlagen dadurch, dass das Kreditinstitut die Anlagebeträge nicht selbst als Schuldner verzinst, sondern die für die Kapitalanlage vorgesehenen Gelder seiner Kunden an andere Institute (Anlageinstitute) im In- und Ausland weiterreicht. Entsprechende Tages- und Festgeldangebote der Anlageinstitute werden durch Servicedienstleister ermittelt und den Kreditinstituten über eine Anlageplattform zur Verfügung gestellt. Das Kreditinstitut nutzt diese Plattform und wählt für seine Kunden passende Angebote aus. Der einzelne Kunde trifft auf dieser Basis eine konkrete Anlageentscheidung auf Grundlage einer gesonderten, mit seinem Kreditinstitut geschlossenen Nutzungsvereinbarung.
Die entsprechenden Anlagebeträge werden durch das Kreditinstitut auf ein Sammelkonto oder für jeden Kunden einzeln jeweils auf ein offenes Treuhandkonto bei dem Anlageinstitut übertragen. Das Kreditinstitut führt das Treuhandkonto bei dem Anlageinstitut im eigenen Namen aber für Rechnung seiner Kunden.
Rückzahlungen und Zinserträge aus dem Treuhandkonto werden durch das Kreditinstitut den jeweiligen Kunden ausgezahlt.
Aufgrund der neben dem Kontovertrag zusätzlich geschlossenen gesonderten Nutzungsvereinbarung zwischen dem Kreditinstitut und seinen Kunden werden die Anlagegelder im Ergebnis nicht bei dem Kreditinstitut angelegt, bei dem der Kunde sein Konto führt, sondern bei dem Anlageinstitut, das der Kunde aus dem gesonderten Angebot des Kreditinstitutes ausgewählt hat.
Dieser Sachverhalt ist mit der mehrstufigen Verwahrung von Wertpapieren vergleichbar. Auch bei der mehrstufigen Verwahrung werden Vermögensgegenstände des Kunden durch sein Kreditinstitut an einen Dritten übertragen, zu dem der Kunde selbst keine Vertragsbeziehung unterhält. Der Steuerabzug auf die Kapitalerträge erfolgt aber in diesen Fällen dennoch durch das Kreditinstitut selbst und nicht durch den Dritten, da erst das Kreditinstitut dem Kunden die Kapitalerträge auszahlt oder gutschreibt. Das Kreditinstitut allein kennt die individuellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (z.B. Freistellungsauftrag, NV-Bescheinigung) und kann die abgeltende Besteuerung der Kapitalerträge durchführen.
Aufgrund der vergleichbaren Interessenlage ist entsprechend §§ 43 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a, 44 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a EStG auch bei nichtverbrieften Kapitalforderungen in Gestalt von Tages- und Festgeldanlagen, die durch ein Kreditinstitut aufgrund einer gesonderten Vereinbarung mit dem Kunden auf ein Treuhandkonto bei einem anderen in- oder ausländischen Kreditinstitut übertragen werden, der Steuerabzug auf die Kapitalerträge (KapSt, SolZ, KiSt, Meldung nach § 45d Absatz 1 EStG) durch das Kreditinstitut vorzunehmen, das die Kapitalerträge an seine Kunden auszahlt oder gutschreibt (Treuhänderkreditinstitut). Entsprechendes gilt zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen sowie für Meldungen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG).
Das Anlageinstitut hat in entsprechender Anwendung des § 43 Absatz 2 Satz 2 EStG auf die Zinszahlung an das Kundeninstitut keinen Steuerabzug vorzunehmen.
Es wird nicht beanstandet, wenn die Abwicklung entsprechend dieser Vorgaben erst für Zinszahlungen angewendet wird, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2017 zufließen. Wird die Abwicklung entsprechend dieser Vorgaben erst für nach dem 31.12.2017 zufließende Zinszahlungen angewendet, müssen Anlage- und Kundenbank eine korrespondierende Verfahrensweise vornehmen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung
Normenkette
EStG § 43
Fundstellen
BStBl I, 2017, 725