Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Für Kapitalerträge i. S. d. § 20 EStG, die der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, ist die Einkommensteuer grundsätzlich mit dem Steuerabzug abgegolten. Die abgeltende Wirkung des Steuerabzugs gilt auch für die nach § 43 Abs. 1 i. V. m. § 51a Abs. 2b EStG als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer erhobene Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag.
Ab dem 1.1.2015 wird die Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer für die Angehörigen der kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaften automatisch einbehalten und abgeführt. Das automatisierte Verfahren setzt dabei auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der kirchensteuerlichen Behandlung von Kapitalerträgen auf.
Da der KiSt-Abzugsverpflichtete (z. B. ein Kreditinstitut, eine Versicherung oder eine Kapitalgesellschaft), das die Kapitalerträge des Steuerpflichtigen verwaltet und zahlbar macht, nicht ohne Weiteres wissen kann, welcher kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft der Steuerpflichtige angehört, können die Daten, mittels derer der Steuerpflichtige seiner jeweiligen Religionsgemeinschaft zugeordnet werden kann, unter Verwendung der Identifikationsnummer und des Geburtsdatums der Steuerpflichtigen vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) durch Datenfernübertragung abgefragt werden. Die Kirchensteuer ist dann bei bestehender Kirchensteuerpflicht anhand des elektronischen Kirchensteuerabzugsmerkmals (KiStAM) einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen.
Regelabfrage
Die Kirchensteuer-Abzugsverpflichteten – insbesondere die Kreditinstitute – haben die Datenlage zur Kirchensteuer zum Stichtag 31.8. des betreffenden Jahres einmal im Jahr zu aktualisieren (Regelabfrage) und zwar jeweils in der Zeit vom 1.9. bis zum 31.10. eines Jahres. Nur so kann sichergestellt werden, dass stets das zum Stichtag (31.8. des Abfragejahres) gebildete KiStAM im Folgejahr zur Anwendung kommt. Die Information, die der Kirchensteuerabzugsverpflichtete über die Regelabfrage vom BZSt erhält, ist grundsätzlich für das gesamte Folgejahr zu verwenden.
Anlassabfrage
Für Kapitalerträge aus Versicherungsverträgen hat der Kirchensteuerabzugsverpflichtete keine Regelabfrage, sondern eine auf den Zuflusszeitpunkt der Kapitalerträge bezogene Abfrage (Anlassabfrage) an das BZSt zu richten.
Der Kirchensteuerabzugsverpflichtete hat das aufgrund einer Anlassabfrage erhaltene KiStAM solange zu verwenden, bis das BZSt auf eine ggf. weitere Anlassabfrage antwortet. Der Kirchensteuerabzugsverpflichtete hat bei monatlich, vierteljährlich oder halbjährlich auszuzahlenden Kapitalerträgen grundsätzlich vor jeder Auszahlung abzufragen.
Auszahlung von Lebensversicherungen
Werden Lebensversicherungen abgetreten oder wird über Bezugsrechte im Erlebensfall verfügt, können der zivilrechtliche Gläubiger und derjenige, der die Erträge (steuerrechtlicher Gläubiger) erzielt, auseinanderfallen. Wenn dem Kirchensteuerabzugsverpflichteten der steuerrechtliche Gläubiger (= wirtschaftlich Berechtigter) bekannt ist, hat die Anfrage der IdNr oder die Abfrage des KiStAM mit den entsprechenden Daten dieser Person zu erfolgen. Wenn dem Kirchensteuerabzugsverpflichteten der steuerrechtliche Gläubiger nicht bekannt ist, hat er die für eine Abfrage des KiStAM des steuerrechtlichen Gläubigers mindestens erforderlichen Daten (Name, Anschrift/IdNr, Geburtsdatum) beim zivilrechtlichen Gläubiger zur Erfüllung seiner Abzugsverpflichtung schon deswegen zu erfragen, weil er den steuerrechtlichen Gläubiger über den Abruf des KiStAM und das Widerspruchsrecht zu informieren hat. Diese Daten können auch im Zusammenhang mit der Information des Versicherungsnehmers über die Fälligkeit der Versicherungsleistung angefordert werden. Liegen dem Kirchensteuerabzugsverpflichteten dann keine für eine automatisierte Anfrage der IdNr des steuerrechtlichen Gläubigers für Zwecke des Kirchensteuereinbehalts ausreichenden Informationen vor, kann für diesen Schuldner keine Kirchensteuer auf Kapitalertragsteuer abgeführt werden. Die Kirchensteuer für die Erträge aus der Lebensversicherung ist dann im Veranlagungsverfahren festzusetzen.
Informationspflicht über bevorstehende Datenabfrage
Der Kirchensteuerabzugsverpflichtete hat den Gläubiger der Kapitalerträge während der Dauer der rechtlichen Verbindung zumindest einmal auf die Datenabfrage und auf die Möglichkeit hinzuweisen, den erforderlichen Abruf des vom BZSt zum Abruf bereit gestellten KiStAM durch einen widerruflichen Sperrvermerk zu verhindern. Der Hinweis hat in geeigneter Form (z. B. schriftlich) und rechtzeitig vor der Regel- oder Anlassabfrage zu erfolgen. Wird der Hinweis zu Beginn der rechtlichen Verbindung erteilt, ist er stets rechtzeitig. Somit kann beispielsweise nach einer Kontoeröffnung ohne Einhaltung einer Frist eine Anlassabfrage durchgeführt werden, wenn bereits bei Kontoeröffnung auf die Datenabfrage und das Widerspruchsrecht hingewiesen wurde.
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