Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner
In Branchen mit hohen Bargeldumsätzen besteht immer das Risiko, dass Einnahmen an der Steuerbehörde vorbeigeschleust werden. Der Griff in die Kasse ist eine große Verlockung. Für einige ist das "schnelle Geld machen" fast schon zum Freizeitsport geworden. Ein bisschen kriminelle Energie und das richtige Handwerkszeug, mehr bedarf es nicht. "Das machen doch alle", "…die vom Finanzamt wissen das" oder "…man darf nur nicht übertreiben" sind geeignete Sprüche, um das eigene Gewissen zu beruhigen. Was bei einer offenen (Schub-) Ladenkasse so einfach funktioniert, erscheint bei einer Registrierkasse ungleich schwerer. Wer ein elektronisches Aufzeichnungssystem einsetzt, muss da schon etwas eleganter schummeln.
Hinter dem Stichwort Zapper verbirgt sich eine Software, die in der Lage ist, Umsätze in Buchführungs- und Warenwirtschaftssystemen, aber auch Daten von Registrierkassen, Geldspielgeräten oder Taxametern nachträglich und weitgehend automatisch zu verändern. Zappersoftware arbeitet meist als Zusatztool innerhalb eines normalen Programms und wird in der Regel so unauffällig implantiert, dass sie nicht auf dem Bildschirm sichtbar ist. Sie kann beispielsweise durch eine Tastenkombination oder durch einen Mausklick auf eine bestimmte Stelle des Programms bzw. des Desktops aktiviert werden. Wird die Zappersoftware gar auf einem USB-Stick versteckt und nur temporär ins System geladen, sind auch für geübte EDV-Spezialisten kaum noch Spuren auf dem Rechner auszumachen.
Solche Manipulationstools werden für zahlreiche Systeme unterschiedlichster Branchen angeboten. Entwickelt und vertrieben werden sie aber oft nicht vom Hersteller der eigentlichen Software selbst, sondern von Dritten. Für viele überraschend machen sie auch vor Apothekensoftware nicht halt.
Bei einer besonders raffinierten Variante werden Daten sogar außerhalb des installierten Systems manipuliert. Dabei werden sie zunächst aus dem Warenwirtschaftssystem ausgelesen, verändert und anschließend wieder ins System zurückgespielt. Die danach ausgedruckten Tagesendsummenbons mit den schlüssig manipulierten Daten sind Grundlage für die Eintragungen ins Kassenbuch und stellen gleichzeitig Buchungsbelege für die Finanzbuchhaltung dar. Für Prüfer der Finanzverwaltung sind solche Datenmanipulationen nicht mehr unmittelbar nachweisbar. Hinweise auf mögliche Werteveränderungen können sich allenfalls noch im Wege von gezielten Schlüssigkeitsprüfungen ergeben.
10.1 Aufdeckung von Zappersoftware durch anonyme Anzeige
Eine anonyme Anzeige war verantwortlich für die Aufdeckung des bis dahin größten Falles von Datenmanipulation infolge Zappersoftware in Deutschland. Ausgerechnet bei einer gebräuchlichen Apothekensoftware wurden komplexe nachträgliche Veränderungen des Datenbestandes mittels Zappersoftware entdeckt. Wie sich schnell herausgestellt hat, blieb es jedoch nicht bei diesem Einzelfall.
Umfangreiche Ermittlungen ergaben, dass es auch in der "weißen Branche" zahlreiche schwarze Schafe gibt. Aufgrund dieser Erkenntnisse gerieten Apotheken, die diese Apothekensoftware in ihrem Unternehmen verwendeten, sogar in Generalverdacht. Aber nur vergleichsweise wenige verwendeten auch ein Zappertool, so die Ermittlungsergebnisse. Im Rahmen von Betriebs- uns Steuerfahndungsprüfungen wurde allerdings festgestellt, dass Zapperprogramme nicht auf einzelne bestimmte Apothekerprogramme beschränkt sind. Auch in anderen Programmen wurden solche professionell implantierten Zapper entdeckt.
Ganz zufällig kamen diese nicht dahin. Wer manipulieren will, muss dafür auch ordentlich bezahlen. Der vermeintlich ahnungslose Apotheker hatte meist wenig Chancen, seine Unschuld glaubhaft zu beteuern. Er konnte sich nicht darauf berufen, dass er keine Kenntnis von der Existenz des Zappers habe. Jeder Unternehmer ist für seinen Datenbestand selbst verantwortlich. Wird ein Zapper einmal enttarnt, so verwirft der Prüfer die Kassenführung regelmäßig. Die Beweislast dreht sich zu Ungunsten des Unternehmers um, d. h. der Unternehmer muss jetzt nachweisen, dass er seine Daten tatsächlich nicht verändert hat. Kein leichtes Unterfangen.
10.2 Aufspüren durch Betriebsprüfer mit Spezialkenntnissen
Großflächig angelegte Prüfungen erforderten Betriebsprüfer und Steuerfahnder, die über detaillierte Branchen- und EDV-Fachkenntnisse verfügten. In einigen Bundesländern wurden sogar eigens ausgebildete Apothekenfachprüfer bei den jeweiligen Außenprüfungsstellen installiert.
So mussten Apotheker, die ihre Einnahmen auf diese Weise frisierten, die schmerzliche Erfahrung machen, dass Steuerhinterziehung keineswegs ein Kavaliersdelikt darstellt. In begründeten Fällen warteten empfindliche Strafen auf die Unternehmer. Neben der finanziellen Belastung aufgrund einer steuerlichen Einnahmenzuschätzung, war infolge der strafrechtlichen Würdigung vielfach auch die berufliche Existenz bedroht. Dass in der Presse anstelle des Begriffs Manipulationssoftware gerne die verniedlichende Bezeichnung "Schummelsoftware" verwendet wurde, änderte nichts am Strafmaß.