Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner
5.1 Die unangekündigte Kassen-Nachschau
Mit der unangekündigten Kassen-Nachschau steht den Finanzbehörden seit dem 1.1.2018 ein wirksames Mittel gegen den Betrug im Bargeldbereich zur Verfügung. Zur zeitnahen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben kann ein Amtsträger ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Geschäftsgrundstücke und Geschäftsräume des Steuerpflichtigen betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung von Bedeutung sein können. Dies schließt auch Fahrzeuge ein, soweit sie gewerblich oder beruflich genutzt werden. Dabei ist es unerheblich, ob sich die Grundstücke, Räume oder Fahrzeuge im Eigentum des Steuerpflichtigen befinden.
Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers jedoch nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden. Beispiele hierfür werden nicht genannt und sind nur schwer vorstellbar.
Das Betreten der Grundstücke, Räume oder Fahrzeuge muss dazu dienen, Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können. Der Prüfer hat jedoch kein Durchsuchungsrecht! Das bloße Betreten und Besichtigen von Grundstücken, Räumen und Fahrzeugen ist keine Durchsuchung.
Bei der Kassen-Nachschau handelt es sich nicht um eine Außenprüfung i. S. d. § 193 AO. Sie stellt ein eigenständiges Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuerlich relevanter Sachverhalte dar. Werden Sachverhalte festgestellt, die eine weitergehende Prüfung rechtfertigen, kann unmittelbar zu einer "normalen" Außenprüfung übergegangen werden. Hierfür ist keine vorherige Prüfungsanordnung erforderlich. Ein schriftlicher Hinweis auf den Übergang zur Außenprüfung genügt.
Der Kassen-Nachschau unterliegen elektronische Kassensysteme aller Art.
Dazu gehören auch
- App-Systeme,
- Waagen mit Registrierkassenfunktion,
- Taxameter,
- Wegstreckenzähler und
- Geldspielgeräte.
Neben elektronischen Kassensystemen können auch offene Ladenkassen überprüft werden. Liegen die Aufzeichnungen in elektronischer Form vor, ist der Amtsträger berechtigt, diese Aufzeichnungen einzusehen und seit dem 1.1.2020 sogar die Übermittlung der Daten über die einheitliche digitale Schnittstelle zu verlangen.
5.2 Testessen, Testkäufe und verdeckte Beobachtungen
Testkäufe bzw. Testessen und verdeckte Beobachtungen sind Teil der Kassen-Nachschau gemäß § 146b AO. Soweit sich Kassen in öffentlich zugänglichen Geschäftsräumen befinden, sind auch verdeckte Beobachtungen von Kassen ohne Vorlage des Dienstausweises zulässig. Heimliche Beobachtungen sind jedoch umstritten, weil sich diese nicht nur auf Verdachtsfälle beschränken müssen und der Steuerpflichtige nicht weiß, dass er sich in einem behördlichen Prüfungsverfahren befindet.
Mit Bedacht und maßvoll eingesetzt können beide genannten Maßnahmen gleichermaßen gegen die Betrugsbekämpfung eingesetzt werden. So Erfolg versprechend all diese Mittel auch sein mögen, so sensibel sollte in der Praxis mit ihnen umgegangen werden. Würde gar jeder bargeldintensive Betrieb vor Beginn einer Betriebsprüfung beobachtet, würden sich die Finanzbehörden dem Vorwurf, man hege einen Generalverdacht gegenüber bestimmten Branchen, kaum entziehen können. Das zumindest befürchten einige Unternehmerverbände und appellieren, hiervon nur in konkreten und begründeten Verdachtsfällen Gebrauch zu machen. Dieser Appell wird wohl ins Leere gehen. Liegt nämlich bereits ein begründeter Verdacht vor, ist das wohl eher ein Fall für die Steuerfahndung. Der Steuerpflichtige ist über seine Rechte aufzuklären und ist nur noch eingeschränkt zur Mitwirkung verpflichtet.
Eine geheime Beobachtung der Kassen und ihrer Handhabung in den Geschäftsräumen darf nur in Bereichen erfolgen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Heimliches Beobachten ist jedoch immer bedenklich und birgt unabsehbare Gefahren. Auch für den Prüfer ist das nicht ohne Risiko. Schließlich weiß der Unternehmer nicht, dass es sich bei der Person, die ständig auf seine Kasse schielt, um einen Amtsträger der Finanzbehörde handelt.
Bei Testkäufen oder Testessen sieht es anders aus. Steht dem Außenprüfer ein Betragskontingent zur Verfügung, wird er eher von einer solchen Maßnahme Gebrauch machen, als wenn er Testkäufe aus eigener Tasche bestreiten muss. Es ist nachvollziehbar, dass die Bundesländer unterschiedlich agieren werden.
5.3 Der Gastronomiebetrieb unter ständiger Beobachtung?
Im Grunde kann jeder Restaurantbesuch eines Finanzbeamten nachträglich zu einer verdeckten Beobachtung umqualifiziert werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beamte aus privatem Anlass anwesend ist oder ob er einem dienstlichen Auftrag nachkommt. Da er sich nicht zu erkennen gibt, hat der Gastwirt davon keine Kenntnis. Dabei kann u. a. das Tippverhalten des Kellners ebenso Gegenstand der heimlichen Beobachtung sein wie das Belegausgabeverhalten. Ein interner Aktenvermerk über das während des Aufenthalts Beobachtete kann eine spätere Kassen-Nachschau auslösen. Ein zeitlicher Zusammenhang ist nicht u...