Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner
Zusammenfassung
Kassenzettel, Quittungen, Bareinnahmen und -ausgaben sind für viele Unternehmer das tägliche Brot. Beim Buchen geht es manchmal turbulent zu. Trotzdem sollten Unternehmen einen "kühlen Kopf" bewahren. Die nächste Betriebsprüfung bringt es ans Licht, ob man den Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist. Soweit sollte man es aber nicht erst kommen lassen. Ob Sie schon alles richtig machen oder wo Sie noch etwas verbessern können, erläutert nachfolgender Beitrag.
§ 239 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB)
§ 146 Abs. 1 Satz 1 u. Satz 2, Abs. 4, Abs. 5 Abgabenordnung (AO)
§ 146a Abs. 1 u. 2 AO
§ 147 Abs. 1 u. 2 AO
§ 158 AO
§ 162 Abs. 2 AO
Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 146
§ 14 Umsatzsteuergesetz (UStG)
§ 22 Abs. 2 UStG
§ 63 Abs. 1 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV)
§ 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 2 und § 10 Geldwäschegesetz (GwG)
Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (GSchuMadiG) v. 22.12.2016 ("Kassengesetz")
BMF, Schreiben v. 26.11.2010, IV A 4 – S 0316/08/10004-07 (Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften)
BMF, Schreiben v. 28.6.2024, IV D 2 – S 0316-a/19/10011 :009 (Beginn der Mitteilungsverpflichtung nach § 146a Abs. 4 AO)
Kassensicherungsverordnung v. 26.9.2017 (KassenSichV – Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr) i. d. F. v. 30.7.2021
BFH, Urteil v. 9.3.1967, IV 184/63
BFH, Urteil v. 13.7.1971, VIII R 1/65
BFH, Urteil v. 31.7.1974, I R 216/74
BFH, Urteil v. 7.7.1977, IV R 205/72
BFH, Urteil v. 26.4.1983, VIII R 38/82
BFH, Urteil v. 21.2.1990, X R 54/87
BFH, Beschluss v. 7.11.1990, III B 449/90 (nv)
BFH, Urteil v. 15.4.1999, IV R 68/98
BFH, Urteil v. 26.2.2004, XI R 25/02
FG Hamburg, Urteil v. 11.11.2014, 6 K 206/11
OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 28.7.2015, S 0316 – 2015/0006 – St 432a
BMF, Pressemitteilung v. 25.3.2021 FAQ "Das Kassengesetz für mehr Steuergerechtigkeit: Belegausgabepflicht stärkt Transparenz und hilft gegen Steuerbetrug"
1 Kassenvorgänge richtig erfassen
1.1 Tägliche Aufzeichnung?
Per Gesetz müssen Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festgehalten werden. Dies ist für eine ordnungsmäßige Buchführung zwingend erforderlich.
1.2 Gesetzliche Vorgabe für Kassenaufzeichnungen
Den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechende Buchführungen oder Aufzeichnungen setzen voraus, dass die Eintragungen in die Bücher und sonst erforderliche Aufzeichnungen
- einzeln,
- vollständig,
- richtig,
- zeitgerecht und
- geordnet
vorgenommen werden.
Der Unternehmer ist in der Wahl des Aufzeichnungsmittels grundsätzlich frei und kann entscheiden, ob er seine Warenverkäufe manuell (sog. offene Ladenkasse) oder unter Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel – wie einer elektronischen Registrier- oder PC-Kasse – erfasst.
Erfolgt der Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung kann auf Einzelaufzeichnungen verzichtet werden. Dies gilt jedoch nur für die sog. offene Ladenkasse.
Wird ein modernes PC-Kassensystem eingesetzt,
- das zum einen sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet und
- zum anderen auch eine langfristige Aufbewahrung (Speicherung) der getätigten Einzelaufzeichnungen ermöglicht,
gilt diese Vereinfachungsregel nicht.
Die vom System erstellten Einzelaufzeichnungen sind "einzeln", d. h. in Originalform, aufzubewahren. Wird eine Verdichtung vorgenommen (z. B. Buchung der Tageseinnahmen in einer Summe) muss die gebuchte Summe aus den Einzelaufzeichnungen ableitbar sein.
1.2.1 Kassenaufzeichnungen bei Buchführungspflicht
Buchführungspflichtige Unternehmer müssen Bargeldbewegungen in einem Kassenbuch bzw. in Form von aneinander gereihten Kassenberichten erfassen.
1.2.2 Kassenaufzeichnungen bei Einnahmen-Überschussrechnung
Bei der Einnahmen-Überschussrechnung müssen die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Aufzeichnungen oder Belege nachgewiesen werden. Das gilt auch für Kassenbelege. Daher sind auch Unternehmer, die ihren Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, verpflichtet,
- die ihrer Gewinnermittlung zugrunde liegenden Belege aufzubewahren und
- deren vollständige Erfassung zu gewährleisten.
Die Einzelaufzeichnungspflicht (bei PC-Kassen) gilt auch für Einnahmen-Überschussrechner.
Bestände sind in der Einnahmen-Überschussrechnung grundsätzlich nicht zu erfassen. Dies gilt für Kasseneinnahmen jedoch nur eingeschränkt.
Wird die Kasse pc-gestützt geführt, müssen sämtliche Kassendaten (Einnahmen und Ausgaben) im digitalen Original aufbewahrt werden und einer digitalen Prüfung durch das Finanzamt standhalten. Bei Verprobungen durch das Finanzamt werden zwangsläufig Tagesendsummen gebildet. Können negative Salden (= rechnerische Kassenfehlbeträge, die Kasse weist einen negativen Bestand an Bargeld aus) nur mit einem unglaubwürdig hohen Kassenanfangsbestand vermieden werden, steht zu befürchten, dass das Finanzamt die Beweiskraft der Aufzeichnungen infrage stellt.
Im Falle der offenen Ladenkasse muss ein ordentlicher Kassenbericht erstellt werden.