1.2.1 Veräußerer hat ein Wahlrecht
Die Gegenleistung für eine Leibrente kann auch in der Veräußerung eines Unternehmens bestehen.
Unter einer Leibrente i. S. d. § 759 BGB ist ein einheitliches nutzbares Recht zu verstehen, das dem Berechtigten für die Lebensdauer eines Menschen eingeräumt ist und dessen Erträge aus fortlaufend wiederkehrenden gleichmäßigen Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen bestehen.
Bei der Veräußerung eines Betriebs-, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gegen wagnisbehaftete wiederkehrende Bezüge, wie z. B. eine betriebliche Veräußerungsrente auf die Lebenszeit des Veräußerers, gesteht die Rechtsprechung dem Steuerpflichtigen steuerlich ein Wahlrecht (sog. Veräußererwahlrecht) zu: Er kann wählen zwischen einer
1.2.2 Wahl der Sofortbesteuerung
Bei Wahl der Sofortbesteuerung wird die Differenz zwischen dem Barwert der Rente – nach Abzug der vom Veräußerer getragenen Veräußerungskosten – und dem Buchwert des steuerlichen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Veräußerung als Veräußerungsgewinn versteuert.
Die zufließenden Rentenzahlungen unterliegen nur noch mit ihrem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer.
Sofortbesteuerung
Der 65 Jahre alte Einzelgewerbetreibende A veräußerte mit Wirkung ab 1.1.2024 seinen Gewerbebetrieb an B gegen eine monatlich im Voraus zahlbare Leibrente, deren Barwert 220.000 EUR beträgt. Das steuerliche Kapitalkonto des A beläuft sich im Zeitpunkt der Veräußerung auf 100.000 EUR.
Wenn A die Sofortversteuerung wählt, entsteht ihm ein Veräußerungsgewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Rentenbarwert (220.000 EUR) und seinem steuerlichen Kapitalkonto (100.000 EUR), also i. H. v. 120.000 EUR. Der Veräußerungsgewinn bleibt auf Antrag i. H. v. 45.000 EUR steuerfrei, der verbleibende Veräußerungsgewinn von 75.000 EUR ist ohne Antrag nach der Fünftel-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG oder auf Antrag mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG zu versteuern. Die Rentenzahlungen unterliegen bei A mit ihrem Ertragsanteil von 18 % der zufließenden Rente als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer.
1.2.3 Wahl der Zuflussbesteuerung bei Betriebsveräußerung
Veräußerungen vor dem 1.1.2004: Wählt der Veräußerer die Zuflussbesteuerung, liegt ein steuerpflichtiger Zufluss erst vor, wenn die Rentenzahlungen sein steuerliches Kapitalkonto im Zeitpunkt der Veräußerung – zuzüglich der von ihm getragenen Veräußerungskosten – übersteigen.
Dem Veräußerer entsteht dann kein Veräußerungsgewinn, sondern er erzielt nachträgliche gewerbliche, freiberufliche oder land- und forstwirtschaftliche Einkünfte.
Die nachträglichen Einkünfte unterliegen der Einkommensteuer zum Normaltarif; weder der Freibetrag noch die Tarifermäßigung können in Anspruch genommen werden.
Veräußerungen nach dem 31.12.2003: Bei Veräußerungen ab 1.1.2004 teilt die Finanzverwaltung die Renten im Zeitpunkt ihres Zuflusses in einen Zins- und Tilgungsanteil (Kapitalanteil) auf.
Als nachträgliche Betriebseinnahme unterliegt der "Zinsanteil" – sofort mit der ersten Rentenzahlung – in voller Höhe der Besteuerung, der Tilgungsanteil dagegen erst nach Verrechnung mit dem Buchwert einschließlich der Veräußerungskosten.
Ein Freibetrag oder eine Steuerermäßigung wird nicht gewährt, es handelt sich um steuerpflichtige nachträgliche Einkünfte gem. § 24 Nr. 2 EStG.
Doch keine Aufteilung in Zins- und Kapitalanteil?
Der BFH
hat die Frage, ob die wiederkehrenden Leistungen überhaupt in einen Zins- und Tilgungsanteil aufzuteilen seien, in neueren Entscheidungen ausdrücklich offengelassen.
Wahl der Zuflussbesteuerung
Der BFH geht davon aus, dass es sich bei der Sofortbesteuerung um den gesetzlichen Normalfall handelt und die Zuflussbesteuerung "eine auf Billigkeitserwägungen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beruhende Ausnahmeregelung" darstellt. Daraus folgt, dass der Gewinn aus einer Betriebsveräußerung auch dann, wenn der Veräußerungserlös in Form wiederkehrender Bezüge gezahlt wird, grundsätzlich bereits im Zeitpunkt der Veräußerung zu versteuern ist. Zu einer Zuflussbesteuerung kann es nur kommen, wenn diese vom Steuerpflichtigen ausdrücklich g...