Veräußerungen vor dem 1.1.2004: Wählt der Veräußerer die Zuflussbesteuerung, liegt ein steuerpflichtiger Zufluss erst vor, wenn die Rentenzahlungen sein steuerliches Kapitalkonto im Zeitpunkt der Veräußerung – zuzüglich der von ihm getragenen Veräußerungskosten – übersteigen.
Dem Veräußerer entsteht dann kein Veräußerungsgewinn, sondern er erzielt nachträgliche gewerbliche, freiberufliche oder land- und forstwirtschaftliche Einkünfte.
Die nachträglichen Einkünfte unterliegen der Einkommensteuer zum Normaltarif; weder der Freibetrag noch die Tarifermäßigung können in Anspruch genommen werden.
Veräußerungen nach dem 31.12.2003: Bei Veräußerungen ab 1.1.2004 teilt die Finanzverwaltung die Renten im Zeitpunkt ihres Zuflusses in einen Zins- und Tilgungsanteil (Kapitalanteil) auf.
Als nachträgliche Betriebseinnahme unterliegt der "Zinsanteil" – sofort mit der ersten Rentenzahlung – in voller Höhe der Besteuerung, der Tilgungsanteil dagegen erst nach Verrechnung mit dem Buchwert einschließlich der Veräußerungskosten.
Ein Freibetrag oder eine Steuerermäßigung wird nicht gewährt, es handelt sich um steuerpflichtige nachträgliche Einkünfte gem. § 24 Nr. 2 EStG.
Doch keine Aufteilung in Zins- und Kapitalanteil?
Der BFH
hat die Frage, ob die wiederkehrenden Leistungen überhaupt in einen Zins- und Tilgungsanteil aufzuteilen seien, in neueren Entscheidungen ausdrücklich offengelassen.
Wahl der Zuflussbesteuerung
Der BFH geht davon aus, dass es sich bei der Sofortbesteuerung um den gesetzlichen Normalfall handelt und die Zuflussbesteuerung "eine auf Billigkeitserwägungen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beruhende Ausnahmeregelung" darstellt. Daraus folgt, dass der Gewinn aus einer Betriebsveräußerung auch dann, wenn der Veräußerungserlös in Form wiederkehrender Bezüge gezahlt wird, grundsätzlich bereits im Zeitpunkt der Veräußerung zu versteuern ist. Zu einer Zuflussbesteuerung kann es nur kommen, wenn diese vom Steuerpflichtigen ausdrücklich gewählt wird.
Wahl der Zuflussbesteuerung
Einzelgewerbetreibender A hat am 1.1.2024 seinen Gewerbebetrieb an den B gegen Zahlung einer monatlichen Leibrente von 2.500 EUR veräußert. A war bei Beginn der Rente 60 Jahre alt. Sein steuerliches Kapitalkonto betrug im Zeitpunkt der Veräußerung 100.000 EUR. A wählt die Zuflussbesteuerung.
Folgt man der Auffassung der Finanzverwaltung, ergibt sich für das Jahr 2024 folgender Zinsanteil:
Barwert der Rente 1.1.2024: 30.000 EUR x 12,760 |
382.800 EUR |
Barwert der Rente 1.1.2025: 30.000 EUR x 12,505 |
375.150 EUR |
Differenz = Barwertminderung = Kapitalanteil/Tilgungsanteil |
7.650 EUR |
Rentenzahlungen 2024 |
30.000 EUR |
Differenz = Zinsanteil 2024 |
22.350 EUR |
Dieser Zinsanteil unterliegt nach Meinung der Finanzverwaltung bereits im Jahr 2024 als nachträgliche Einnahme aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer gem. § 24 Nr. 2 i. V. m. § 15 Abs. 1 EStG. Während die Kaufpreisforderung bei Wahl der Sofortbesteuerung nach der Versteuerung des Veräußerungsgewinns Privatvermögen sein kann, bleibt sie in dem Fall, in dem – wie hier – der Steuerpflichtige die Zuflussbesteuerung wählt, stets Teil des Restbetriebsvermögens, sodass es sich bei dem Zinsanteil um nachträgliche Einnahmen aus Gewerbebetrieb, nicht um Einnahmen aus Kapitalvermögen handelt. Folglich kann der Zinsanteil schon nach § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abgeltungsteuer unterliegen.
Der Kapitalanteil der Rente wird zunächst mit dem Kapitalkonto des Veräußerers verrechnet. Nach vollständiger Verrechnung des Kapitalkontos mit dem Kapitalanteil der bezogenen Renten wird der gesamte Rentenbetrag als nachträgliche Einnahme aus Gewerbebetrieb erfasst.
Wahl der Zuflussbesteuerung ist bindend
Hat der Veräußerer eines Gewerbebetriebs die laufende Besteuerung der Veräußerungsrentenbezüge als gewerbliche Einnahmen gewählt, so ist er in späteren Jahren an die Ausübung des Wahlrechts gebunden.
Der Steuerpflichtige ist danach an die einmal getroffene Wahl der Zuflussbesteuerung auch für künftige Veranlagungszeiträume gebunden.