2.1 Chancen und Risiken einer Kaufpreisleibrente
Eine Vermögensübertragung gegen Leibrente birgt für beide Vertragsparteien sowohl Chancen als auch Risiken. So tragen der Verkäufer (Rentenberechtigter) und seine Erben das Risiko, dass die Rente durch das – gemessen an der statistischen Lebenserwartung – vorzeitige Ableben des Verkäufers erlischt und damit weniger Rentenzahlungen zufließen, als der Betrieb wert war. Andererseits besteht aber die Chance, dass der Verkäufer die statistische Lebenserwartung übertrifft und dadurch mehr an Rentenzahlungen erhält, als der Betrieb wert war.
Die Risiken und Chancen der Veräußererseite korrespondieren spiegelbildlich zu den Chancen und Risiken des Käufers. Lebt der Verkäufer länger als nach der Sterbetafel angenommen, wäre es günstiger gewesen, einen einmaligen Kaufpreis zu zahlen und diesen über einen Kredit zu finanzieren. Der Erwerber geht also das Wagnis ein, dass er, wenn der Veräußerer lange lebt, den Kaufgegenstand überbezahlt. Außerdem kann eine Wertsicherungsklausel im Kaufvertrag bewirken, dass der Käufer in einigen Jahren wegen starker Inflation erheblich höhere Zahlungen leisten muss, als bei Vertragsabschluss angenommen. Ein Unternehmenskauf auf Rentenbasis ist daher vor allem für risikofreudige Verkäufer bzw. Käufer attraktiv.
2.2 Merkmale einer betrieblichen Veräußerungs- bzw. Erwerbsrente
2.2.1 Gleichwertigkeit der Leistungen als Voraussetzung für eine Kaufpreisrente
Eine betriebliche Veräußerungs- bzw. Erwerbsrente liegt vor, wenn die übertragenen Vermögenswerte, z. B. ein Betrieb, einerseits und die Rentenverpflichtung (zzgl. etwaiger weiterer Gegenleistungen) andererseits einander gleichwertig sind. Voraussetzung für eine (entgeltliche) Veräußerungs- bzw. Erwerbsrente ist, dass die Vertragsbeteiligten subjektiv von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgegangen sind.
2.2.2 Kaufpreisrente unter Fremden
Unter Fremden besteht eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass bei der Übertragung von Vermögen Leistung und Gegenleistung kaufmännisch gegeneinander abgewogen sind. Bei einer Veräußerung zwischen Nichtverwandten kann i. d. R. von einer betrieblichen Veräußerungs-/Erwerbsrente ausgegangen werden, da eine Schenkung usw. in diesem Fall regelmäßig von vornherein ausscheidet.
2.2.3 Kaufpreisrente unter Angehörigen
Bei der Übertragung eines Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils von Eltern auf Kinder gegen wiederkehrende Leistungen ist i. d. R. anzunehmen, dass Leistung und Gegenleistung nicht wie unter Fremden nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen wurden. Es wird widerlegbar vermutet, dass die Rente – unabhängig vom Wert der übertragenen Wirtschaftsgüter – nach dem Versorgungsbedürfnis der Eltern und/oder nach der Ertragskraft des übertragenen Vermögens bemessen worden ist und insofern familiären, außerbetrieblichen Charakter hat.
Diese Vermutung führt zur Annahme einer privaten Versorgungsrente, die bei Vermögensübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge anzutreffen ist und andere Steuerfolgen auslöst als eine Veräußerungsrente. Private Versorgungsrenten sind beim Vermögensübergeber als sonstige Einkünfte steuerbar und beim Vermögensübernehmer als Sonderausgaben abziehbar.
Eingeschränkter Sonderausgabenabzug
Bis einschließlich 2007 kam es für die Abziehbarkeit der Versorgungsleistungen (Renten und dauernde Lasten) als Sonderausgaben nicht darauf an, ob Privat- oder Betriebsvermögen übertragen worden ist. Dieses "alte Recht" ist überholt. Der Sonderausgabenabzug von privaten Versorgungsrenten und die korrespondierende Besteuerung als sonstige Einkünfte ist für nach dem 31.12.2007 vereinbarte Vermögensübertragungen eingeschränkt worden. Es sind nur noch solche Versorgungsleistungen als Sonderausgaben abziehbar, die im Zusammenhang mit der Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben, Praxen, Mitunternehmeranteilen und Anteilen an Kapitalgesellschaften (Letztere nur, wenn mindestens 50 % der Anteile übertragen werden, der Übernehmer als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit übernimmt) vereinbart werden.
Private Immobilien können nicht mehr gegen eine als Sonderausgaben abziehbare dauernde Last übertragen werden. Bei Vermögensübertragungen, die vor dem 1.1.2008 vereinbart wurden, bleibt es prinzipiell bei der früheren Rechtslage, d. h. das alte Recht bleibt weiterhin anwendbar.
Das BMF hat im 4. Rentenerlass ausführlich zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Privat- und Betriebsvermögen Stellung genommen, seine bisherigen Rentenerlasse abermals geändert und an die neue Gesetzeslage mit Übergangsregelungen angepasst.
Die für eine private Versorgungsrente sprechende Vermutung kann von den Beteiligten entkräftet und widerlegt werden: Berufen sich die Vertragspartner, z. B. Eltern und Kind, darauf, dass Rente und übertragenes Vermögen, z. B. ein Gewerbebetrieb, wertgleich sind, also eine Veräußerungsrente vorliegt, müssen sie dem Finanzamt substanziiert darlegen, welche Vorstellungen sie bei Abschluss des Vertrags hinsichtlich des Werts der übertr...