Leitsatz
1. Sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind objektbezogen zu prüfen.
2. Ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von (nachträglichen) Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S.d. § 21 EStG ist nicht anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist.
Normenkette
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war Eigentümer eines Hauses mit einer Gaststätte und acht Ferienwohnungen, die er zunächst als Einheit vermietete. Nach Beendigung des Mietvertrags baute er die Gaststätte zu einer Wohnung um, die er dauerhaft vergünstigt vermietete. Der Mieter sollte sich auch um die Vermietung der Ferienwohnungen kümmern. Die Einnahmen waren jedoch über Jahre hinweg viel zu gering, um die Kosten zu decken. Das FA nahm deshalb Liebhaberei an und versagte den Abzug der Werbungskostenüberschüsse. Das FG schloss sich dem im Wesentlichen an, ließ aber den Abzug nachträglicher Schuldzinsen zu (FG Düsseldorf, Urteil vom 4.7.2012, 9 K 4673/08 E, Haufe-Index 3458314).
Entscheidung
Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben. Das FG wird nun objektbezogen prüfen, ob der Vermietungstatbestand erfüllt ist (umgebaute Gaststätte) oder ob die Vermietungsabsicht für einzelne Wohnungen fortbestand oder neu begründet worden ist. Soweit das der Fall ist, muss es – ebenfalls objektbezogen – die Einkünfteerzielungsabsicht feststellen. Soweit diese zu verneinen ist, kommt der Abzug nachträglicher Schuldzinsen nicht in Betracht.
Hinweis
Das Besprechungsurteil enthält vor allem Klarstellungen, zeigt aber auch, dass noch nicht jeder die Dogmatik des Vermietungstatbestands verinnerlicht hat.
1. Der Vermietungstatbestand ist objektbezogen zu prüfen. Was das bedeutet, macht das Besprechungsurteil deutlich.
a) |
Eine vermietete Immobilie, in der sich eine Gaststätte und acht Ferienwohnungen befinden, ist, solange sie den Gegenstand nur eines Mietvertrags bildet, ein Objekt. Der objektive Tatbestand der Vermietung wird nur einmal erfüllt. Die Gaststätte und die Ferienwohnungen können aber auch einzeln vermietet werden. Geschieht dies, wird der objektive Tatbestand der Vermietung nicht einmal, sondern neunmal verwirklicht. Alle anderen Kombinationen sind natürlich auch möglich. |
b) |
Entsprechendes gilt für den subjektiven Tatbestand. Die Einkünfteerzielungsabsicht wird, solange nur ein Mietvertrag besteht, nur einmal geprüft, bei mehreren Verträgen (Objekten) mehrfach und getrennt voneinander. |
c) |
Endet ein Mietvertrag, in dem mehrere potenzielle Objekte gemeinsam (das heißt als ein Objekt) vermietet worden sind, und wird das Gesamtobjekt anschließend nicht wieder vermietet, kommt es auf die Absicht des Steuerpflichtigen an. Auch die Absicht, in Zukunft Vermietungseinkünfte erzielen zu wollen, ist objektbezogen zu prüfen. Darum ging es im Besprechungsfall. Hat der Steuerpflichtige die Absicht, das gesamte Objekt wieder als Einheit zu vermieten, kann er unter weiteren Voraussetzungen alle auf das Objekt entfallenden Aufwendungen als vorweggenommene WK abziehen. Richtet sich die Absicht des Steuerpflichtigen (wenn auch notgedrungen) darauf, nun die Einzelobjekte getrennt zu vermieten, kommt es auf jedes einzelne Objekt an. Auch hier sind andere Kombinationen denkbar. Auf das Vorliegen der Absicht und ihren Inhalt kann – wie immer – nur aus objektiven Umständen geschlossen werden. |
d) |
Auch die Einkünfteerzielungsabsicht ist dann jeweils getrennt – und gegebenenfalls nach unterschiedlichen Regeln – zu prüfen. Zum Beispiel können bei einer Ferienwohnung die Grundsätze zu beachten sein, die in der Rechtsprechung für die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung einer auch selbst genutzten Ferienwohnung entwickelt worden sind. |
2.Der Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der ursprünglich bestehende Veranlassungszusammenhang fortbesteht (grundlegend dazu BFH, IX R 45/13 in diesem Heft). Fällt die Absicht der Erzielung von Einkünften weg, ist der Tatbestand der Vermietung und Verpachtung nicht mehr erfüllt mit der Folge, dass keinerlei objektbezogene Aufwendungen mehr abgezogen werden können. Das gilt selbstverständlich auch für Schuldzinsen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.1.2014 – IX R 37/12