Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Die Aufwendungen für eine Auslandsreise, die sowohl betrieblich als auch privat veranlasst ist, sind nicht in vollem Umfang vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Die auf den betrieblichen Teil entfallenden Kosten sind im Schätzungswege zu ermitteln. Dabei trägt der Steuerpflichtige die Beweislast und muss die notwendigen Aufzeichnungen über den Reiseverlauf führen.
Sachverhalt
Der Kläger, ein Steuerberater mit eigener Kanzlei, machte im Rahmen seiner Gewinnermittlung die auf ihn entfallenden Aufwendungen für eine Geschäftsreise nach Hongkong und Bangkok als Betriebsausgaben geltend. Der vorgebrachte Anlass für diese Reise war die Beratung eines befreundeten Mandanten und dessen Ehefrau bei Geschäftsverhandlungen. Die Reise fand zum Jahreswechsel statt und erfolgte in Begleitung der Ehefrau des Klägers, die in seiner Kanzlei angestellt war. Das Finanzamt ging jedoch von einer nicht unerheblichen privaten Mitveranlassung der Reise aus und versagte daher den Betriebsausgabenabzug. Der Einspruch gegen die Steuerfestsetzung hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das FG widersprach der Argumentation des Finanzamtes und zugleich der bisherigen Rechtsprechung zum Abzugsverbot gemischt veranlasster Erwerbsaufwendungen. Es erkannte die Hälfte der Aufwendungen als Betriebsausgaben an, da insoweit ein beruflicher Anlass für die Reise vorgelegen hätte. Bei gemischt veranlassten Aufwendungen sei der auf die berufliche Tätigkeit entfallende Anteil im Schätzungswege zu ermitteln, wenn es keinen objektiven Aufteilungsmaßstab gäbe. Das bisher praktizierte strikte Aufteilungs- und Abzugsverbot solcher Aufwendungen sei nicht rechtmäßig, da es dem Grundsatz der Abzugsfähigkeit von Erwerbsaufwendungen entgegen stehe. Eine private Mitveranlassung führe somit nicht dazu, dass sämtliche Aufwendungen von der Abzugsfähigkeit ausgeschlossen seien.
Hinweis
Das Urteil des FG wendet sich gegen das strikte Aufteilungs- und Abzugsverbot von gemischt veranlassten Aufwendungen und beschreitet einen völlig neuen Weg in der Rechtsprechung. Die Rechtsfrage liegt dem BFH vor, so dass die höchstrichterliche Entscheidung noch aussteht (Az. beim BFH: IV R 52/05). Mit Bezug auf das Urteil des FG sollten alle gemischt veranlassten Aufwendungen anteilig als Erwerbsaufwendungen geltend gemacht und die Steuerfestsetzungen offen gehalten werden. Dabei sollten die betroffenen Steuerpflichtigen auch die notwendigen Maßnahmen der Beweisvorsorge treffen.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.06.2005, 5 K 1575/01