Leitsatz

Für Kinder, die ihren gesetzlichen Grundwehrdienst leisten, erhalten Eltern keinen Kinderfreibetrag und kein Kindergeld. Diese Regelung ist verfassungsgemäß.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG , § 63 Abs. 1 Satz 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger hat einen 1976 geborenen Sohn, der zum 2. Oktober 1995 zum gesetzlichen Grundwehrdienst einberufen wurde. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes ab November 1995 auf. Die Klage, mit der der Kläger Kindergeld für die Zeit des Grundwehrdienstes begehrte, blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Kindergeld (bzw. der Kinderfreibetrag) stehe dem Kläger für den genannten Zeitraum nicht zu. Der BFH verwies ergänzend auf das BGH-Urteil vom 29.11.1989, IVb ZR 16/89, NJW 1990, 713. Danach sind Eltern wehrdienstpflichtigen Kindern gegenüber nur in Ausnahmefällen unterhaltspflichtig.

 

Hinweis

Seit 1996 gehört die Zeit des gesetzlichen Grundwehrdienstes auch dann nicht mehr zu den für die Zahlung von Kindergeld begünstigten Zeiträumen, wenn durch die Aufnahme des Dienstes eine Berufsausbildung unterbrochen worden ist. Stattdessen hat der Gesetzgeber einen Verlängerungstatbestand eingeführt (vgl. § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG). Danach ist für ein Kind, das den gesetzlichen Wehrdienst geleistet hat, das Kindergeld bei Arbeitslosigkeit über die Vollendung des 21. Lebensjahrs hinaus und im Fall der Berufsausbildung über die Vollendung des 27. Lebensjahrs hinaus zu gewähren, längstens jedoch entsprechend der Dauer des Grundwehrdienstes.

Mit vorliegendem Beschluss hat der BFH nun entschieden, dass es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist, wenn während der Ableistung des Grundwehrdienstes kein Kindergeld gezahlt wird (bzw. kein Kinderfreibetrag gewährt wird). Entscheidend ist, dass die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebotene Freistellung von existenznotwendigem Unterhaltsaufwand für das Kind hier nicht durchgreift, weil der Bund für solche Aufwendungen nach dem Soldatengesetz aufkommt.

Danach haben wehrpflichtige Soldaten Anspruch auf Wehrsold, auf Heilfürsorge, auf besondere Zuwendungen, auf Unterbringung und Verpflegung, die als Gemeinschaftsverpflegung unentgeltlich bereitgestellt wird. Zudem erhält der Soldat einen Freifahrtschein der Deutschen Bundesbahn für Fahrten zwischen der Kaserne und dem Heimatort.

Angesichts dessen ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber typisierend davon ausgeht, dass die Eltern während des Wehrdienstes wirtschaftlich nicht derart belastet sind, dass Kindergeld bzw. ein Kinderfreibetrag gewährt werden müsse. Dies ungeachtet des Umstands, dass wehrdienstleistende Kinder regelmäßig in den Ferien und an Wochenenden in das Elternhaus zurückkehren und dort in gewissem Umfang Vorhaltekosten (z.B. Bereitstellen eines Zimmers) anfallen. Solche zusätzlichen Belastungen betreffen indessen nicht den existenznotwendigen Bedarf des Kindes.

Offen bleibt, ob Gleiches – angesichts teilweise anderer Umstände – auch für den Zivildienst (vgl. § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG) gilt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 4.7.2001, VI B 176/00

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