Leitsatz
Ein Kindergeldanspruch scheidet mangels Wohnsitz im Inland aus, wenn der Antragsteller dauernd und langfristig mit seiner Familie im Ausland wohnt und sich im Inland nur für verhältnismäßig kurze Zeit in unentgeltlich überlassenen Wohnräumen eines Angehörigen aufhält.
Sachverhalt
Die Klägerin ist Mutter einer im Jahr 2005 geborenen Tochter und ist seit der Geburt der Tochter in Erziehungszeit. Im Verfahren über die Gewährung von Kindergeld teilte sie der Familienkasse mit, dass sie neben dem Wohnsitz in den USA einen Wohnsitz im Anwesen ihrer Schwiegermutter in der BRD habe, für den sie auch die anteiligen Nebenkosten trage. Die Familienkasse lehnte die Gewährung von Kindergeld ab, da die Voraussetzungen eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland nicht nachgewiesen seien.
Entscheidung
Anspruch auf Kindergeld hat, wer im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Was unter "Wohnsitz" und "gewöhnlichem Aufenthalt" in diesem Sinne zu verstehen ist, beurteilt sich nach den §§ 8, 9 der AO. Der Wohnsitzbegriff des § 8 AO setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufsucht. Das Innehaben der Wohnung muss unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass die Person die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Die Feststellungslast für das Vorliegen eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland trägt derjenige, der einen Anspruch auf das Kindergeld geltend macht. Die Klägerin hat nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass sie die Wohnräume im Inland im streitigen Zeitraum auch als ständige Bleibe nutzte. Denn nach der Rechtsprechung ist es nicht genügend, dass sich jemand, der dauernd und langfristig mit seiner Familie im Ausland wohnt, nur gelegentlich im Urlaub oder zu Besuchszwecken in einer Wohnung oder in Räumen aufhält, die ihm unentgeltlich von Dritten, z. B. von den Eltern, zur Verfügung gestellt werden. In einem solchen Fall nutzt er die zur Verfügung gestellten Räume nicht als Bleibe und damit nicht als Wohnsitz, sondern nur besuchsweise oder als Ferienwohnung (vgl. BFH, Urteil v. 12.1.2001, VI R 64/98 (NV), BFH/NV 2001 S. 1231).
Hinweis
Das Urteil ist rechtskräftig. In vergleichbaren Fällen sollte aus Gründen der Beweisvorsorge darauf geachtet werden, dass ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als 6 Monaten und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 9 AO nachgewiesen werden kann.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 01.08.2008, 10 K 3316/07