Leitsatz
1. Für den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts eines zum Vermögen einer Gesellschaft gehörenden Grundstücks reicht der Wertansatz des Grundstücks in der Bilanz der Gesellschaft nicht aus.
2. Der Nachweis eines niedrigeren Grundstückswerts kann regelmäßig auch nicht durch Ableitung aus dem Kaufpreis für einen Gesellschaftsanteil geführt werden.
Normenkette
§ 198, § 99 Abs. 1 Nr. 1, § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 157 Abs. 1 bis 3, § 181 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 6, § 182 Abs. 3 Nr. 2 BewG, § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG
Sachverhalt
Der Kläger war zusammen mit K an einer GbR zu je 50 % beteiligt, in deren Gesamthandsvermögen sich ein Grundstück befand. Beide Gesellschafter waren zudem an einer GmbH beteiligt. In der Bilanz der GbR war das Grundstück mit ca. 2,8 Mio. EUR aktiviert. Die Bilanzsumme betrug ca. 3,3 Mio. EUR, da neben dem Grundstück weitere Wirtschaftsgüter wie Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie Forderungen in die Bilanz eingestellt waren.
K veräußerte seinen Anteil an der GbR i.H.v. 44 % für einen Kaufpreis von 100 EUR – entsprechend dem Kapitalkonto – an den Kläger; die verbleibenden Anteile von 6 % wurden an die GmbH übertragen. Gleichzeitig verpflichtete sich K, seine Anteile an der GmbH ebenfalls an den Kläger zu verkaufen.
Aufgrund dieses Sachverhalts ging das FA von einer Vereinigung der GbR-Anteile teils unmittelbar und teils mittelbar in der Person des Klägers aus. Nach Aufforderung beantragte der Kläger, für das Grundstück den bilanzierten Buchwert von ca. 2,8 Mio. EUR als nachgewiesenen niedrigeren Wert des Grundstücks anzusetzen. Dies lehnte das FA ab und stellte den Wert des Grundstücks im gesetzlichen Regelverfahren mit ca. 3,4 Mio. EUR fest. Auch die finanzgerichtliche Klage hatte keinen Erfolg (FG Münster, Urteil vom 12.2.2015, 3 K 336/14 F, Haufe-Index 8732144, EFG 2015, 2046). Mit der Revision machte der Kläger geltend, er habe über den GbR-Anteil letztlich das Grundstück selbst erworben, sodass der Bilanzansatz maßgeblich für den Verkehrswert der Immobilie sei.
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg; lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen (Erlass eines Änderungsbescheids) musste das angefochtene Urteil aufgehoben werden. Der BFH konnte aber in der Sache entscheiden und hat geurteilt, durch den Bilanzansatz bzw. den Kauf des Gesellschaftsanteils werde ein niedrigerer Grundbesitzwert nicht nachgewiesen.
In den Fällen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG ist die Bemessungsgrundlage nach Maßgabe des Steuerwerts zu ermitteln (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG). Für Erwerbsvorgänge, die nach dem 31. 12.2008 verwirklicht werden, gelten letztlich die Grundbesitzwerte unter Anwendung der § 151 Abs. 5, § 157 Abs. 3 Satz 1 und §§ 176 – 198 BewG. Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert des Grundstücks niedriger ist als der sich nach dem Regelverfahren ergebende Wert, so ist gemäß § 198 Satz 1 BewG dieser Wert anzusetzen.
§ 198 BewG regelt nicht, wie der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zu führen ist. Nach der Gesetzesbegründung soll der Nachweis durch ein Gutachten eines vereidigten Bausachverständigen oder eines Gutachterausschusses erbracht werden. Auch ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr kurz vor dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommener Kaufvertrag kann als Nachweis dienen.
Diesen anerkannten Mitteln zum Nachweis des niedrigeren Werts steht der Rückgriff auf einen Bilanzansatz nicht gleich. Die herkömmlichen Nachweismittel sollen ein eindeutiges Bewertungsergebnis bei vertretbarem Verwaltungsaufwand garantieren. Sollten andere Beweismittel zugelassen werden, müssten sie diesen Vorgaben ebenfalls gerecht werden. Dies ist bei Bilanzansätzen nicht der Fall. Der Bilanzwert allein ist weder Indiz noch gar Nachweis für den gemeinen Wert eines Wirtschaftsguts. Denn Bilanzwerte von Grundstücken sind regelmäßig deutlich geringer als der Verkehrswert. Insbesondere wird das Vermögen der Gesellschaft häufig nicht nur aus dem zu bewertenden Grundstück bestehen, sondern weitere Gegenstände einschließlich stiller Reserven umfassen. Rechtlich und tatsächlich ist also der Erwerb des Grundstücks und Erwerb von Anteilen einer Grundbesitzgesellschaft nicht gleichzusetzen.
Nach diesen Grundsätzen ist der Verkauf des GbR-Anteils unter Berücksichtigung der Bilanz der GbR nicht geeignet, einen geringeren gemeinen Wert des Grundstücks nachzuweisen.
Hinweis
Der Steuerpflichtige kann bei der Bewertung von Grundstücken – auch für Zwecke der Grunderwerbsteuerfestsetzung (§ 8 Abs. 2 GrEStG) – durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens oder eines Kaufvertrags über das nämliche Grundstück nachweisen, dass der tatsächliche Verkehrswert geringer ist als der im gesetzlichen Regelverfahren ermittelte Wert, § 198 BewG.
Im Streitfall stellt sich die Frage, ob anstelle eines Kaufvertrags über das fragliche Grundstück auch ein Bilanzansatz zum Nachweis eines geringeren Wertes geeignet ist. Der Kläger trägt vor, er habe durch den Erwerb von GbR-Anteilen letztlich...