Leitsatz

1. Eine Kapitallebensversicherung ist nicht deshalb unpfändbar, weil dem Versicherungsnehmer nach den Versicherungsbedingungen das Recht eingeräumt ist, statt einer fälligen Kapitalleistung eine Versorgungsrente zu wählen.

2. Darf der Vollstreckungsschuldner wegen des durch die Pfändung bewirkten relativen Verfügungsverbots keine Verfügungen mehr vornehmen, die das Pfandrecht beeinträchtigen, so kann er nach Pfändung der Kapitallebensversicherung Pfändungsschutz nicht mehr durch Ausübung des Rentenwahlrechts herbeiführen. Die Pfändung erfasst auch dieses Wahlrecht.

 

Normenkette

§ 281, § 319 AO, § 829, § 850 Abs. 1, § 850 Abs. 2, § 850 Abs. 3 Buchst. b, § 851c, § 857 ZPO, § 173 VVG, § 54 SGB I

 

Sachverhalt

Wegen einer unbeglichenen Schuld hat das FA die Ansprüche, Forderungen und Rechte des Schuldners aus dessen Lebensversicherungsverträgen gepfändet. Dem hält der Schuldner entgegen, dass die Lebensversicherungsverträge mangels ausreichender Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung seiner Altersversorgung dienten und daher Pfändungsschutz genössen.

 

Entscheidung

Der Schuldner genießt für seine Lebensversicherung keinen Pfändungsschutz (siehe Praxis-Hinweise).

 

Hinweis

1. Die Beschränkungen und Verbote, die nach § 850 bis § 852 ZPO und anderen gesetzlichen Bestimmungen für die Pfändung von Forderungen und Ansprüchen bestehen, gelten auch für steuerliche Ansprüche (§ 319 AO).

2. Der Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen gilt auch für Renten, die aufgrund von Versicherungsverträgen gewährt werden, wenn diese Verträge zur Versorgung des Versicherungsnehmers eingegangen sind (§ 850 Abs. 3 Buchst. b ZPO).

3. Die Pfändung einer Lebensversicherung, deren Versicherungssumme beim Tod des Versicherungsnehmers, spätestens zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Betrag ausgezahlt wird (Kapitallebensversicherung), ist nicht gesetzlich ausgeschlossen oder auch nur beschränkt. Das gilt selbst dann, wenn diese Versicherung zur Entlassung aus der gesetzlichen Rentenversicherung geführt hat (BFH, Urteil vom 12.6.1991, VII R 54/90, BStBl II 1991, 747).

4. Pfändungsschutz besteht auch dann nicht, wenn dem Versicherungsnehmer bei Ablauf der Versicherung ein Rentenwahlrecht eingeräumt ist. Nach erfolgter Pfändung kann der Versicherungsnehmer die Versicherung auch nicht mehr dadurch dem Pfändungszugriff entziehen, dass er nunmehr sein Rentenwahlrecht ausübt.

5. Beachten Sie, dass das im Besprechungsfall das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge (BGBl I 2007, 368) noch nicht anzuwenden war. Es ermöglicht dem Versicherungsnehmer, jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung seiner Versicherung in eine nach dem neuen § 851c Abs. 1 ZPO gegen Pfändung geschützte Versicherung zu verlangen (§ 173 VVG neu). Im Ergebnis hätte sich aber auch bei Anwendbarkeit dieser Neuregelung nichts geändert, weil die Versicherung vor einer Umwandlung in eine Rentenversicherung gepfändet worden war, sodass auch heute § 851c Abs. 1 ZPO nicht eingreifen würde.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 31.7.2007, VII R 60/06

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