Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Der Gewinn aus dem Verkauf einer selbstgenutzten Eigentumswohnung innerhalb des Veräußerungszeitraums des § 23 EStG ist nach Auffassung des FG Köln auch dann in vollem Umfang steuerfrei, wenn zuvor Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht wurden.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen hatten innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist des § 23 EStG ihre selbst bewohnte Eigentumswohnung veräußert, in der sich ein steuerlich anerkanntes häusliches Arbeitszimmer befand. Die hieraus entfallenden Kosten wurden in den Vorjahren jeweils in Höhe des Höchstbetrages von 1.250 Euro als Werbungskosten steuermindernd berücksichtigt.
Das Finanzamt vertrat nun die Auffassung, der auf das Arbeitszimmer entfallende Veräußerungsgewinn unterliege der Besteuerung nach § 23 EStG, da insoweit keine steuerfreie eigene Wohnnutzung im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vorliege.
Entscheidung
Im Klageverfahren bekamen die Steuerpflichtigen jedoch Recht. Das FG Köln vertritt die Auffassung, dass das häusliche Arbeitszimmer der eigenen Wohnnutzung generell nicht schadet. Denn zumindest im Rahmen der Überschusseinkünfte stellt das häusliche Arbeitszimmer kein selbstständiges Wirtschaftsgut dar, weil es nicht unabhängig von den anderen Teilen der Wohnung veräußerbar ist. Ist daher Wirtschaftsgut die gesamte Wohnung, lässt sich dem Gesetzeswortlaut des § 23 EStG nicht das Erfordernis entnehmen, dass sämtliche Wohnungsteile der Gesamtwohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden müssten, um die Ausnahme von der Besteuerung annehmen zu können. Das in § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 erste Alternative EStG genannte Ausschließlichkeitskriterium ist nicht im Sinne von "räumlich ausschließlich" sondern als "zeitlich ausschließlich" zu verstehen. Es ist daher unschädlich, wenn Teile der Wohnung tatsächlich nicht eigengenutzt, sondern zur Erledigung beruflicher Arbeiten eingesetzt werden.
Das Finanzgericht hält es nicht für gerechtfertigt, das häusliche Arbeitszimmer im Rahmen der Besteuerung gemäß § 23 EStG wie ein eigenes Wirtschaftsgut zu behandeln und entsprechend den darauf entfallenden Gewinn bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen zu besteuern. Dies stehe im Gegensatz zur gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG, denn die Norm enthalte den Grundsatz, dass für häusliche Arbeitszimmer ein generelles Abzugsverbot besteht. Nach Auffassung des Finanzgerichts sind entweder die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer grundsätzlich steuerlich zu berücksichtigen und damit einhergehend im Rahmen des § 23 EStG der auf das häusliche Arbeitszimmer entfallende Gewinn zu besteuern, oder umgekehrt bleibt - wie bei der aktuellen Gesetzeslage - das häusliche Arbeitszimmer in jedweder steuerlicher Hinsicht unberücksichtigt. Der Umstand, dass die Kosten des Arbeitszimmers in Ausnahmefällen begrenzt und in weiteren Ausnahmefällen insgesamt abziehbar sein können, ändert hieran nach Auffassung des Finanzgerichts nichts. Denn er lässt den auch vom Gesetzgeber erkannten Grundsatz unberührt, dass das häusliche Arbeitszimmer Teil des privaten Wohnbereichs des Steuerpflichtigen ist und damit zur Sphäre seiner Eigennutzung gehört.
Hinweis
Die vom FG Köln vertretene Rechtsauffassung steht im Gegensatz zu der von der Finanzverwaltung und Teilen des Schrifttums vertretenen Auffassung, wonach auch ein häusliches Arbeitszimmer nicht Wohnzwecken dient, selbst wenn der Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausgeschlossen ist (BMF, Schreiben v. 5.10.2000, IV C 3 - S. 2256 - 263/00, BStBl 2000 I S. 1383 Rdnr. 21) Dies hat zur Folge, dass der auf das Arbeitszimmer entfallende Gewinn gemäß § 23 EStG zu besteuern ist. Da das Finanzgericht die Revision zugelassen hat und davon auszugehen ist, dass das Finanzamt in Revision gehen wird, darf man auf die dann zu erwartende Entscheidung des Bundesfinanzhofs gespannt sein. Betroffene Steuerpflichtige sollten in jedem Fall entsprechende Steuerbescheide im Einspruchswege offen halten.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 20.03.2018, 8 K 1160/15