Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Die Voraussetzungen für den beruflichen Anlass der Begründung eines doppelten Haushalts liegen nicht vor, wenn der Ort des Lebensmittelpunktes mit dem Ort der doppelten Haushaltsführung am Ort der beruflichen Tätigkeit getauscht wird und für diesen Tausch keine beruflichen Gründe vorliegen.
Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute, die beide nichtselbstständig als Landesbeamte in verschiedenen Bundesländern tätig sind und an beiden Orten eine Wohnung unterhalten. In den Jahren 1999 bis 2001 machte der Ehemann Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend. Der Lebensmittelpunkt war die Wohnung der Ehefrau am Ort B, während der Ehemann am Ort seiner beruflichen Tätigkeit in A einen zweiten Haushalt unterhielt. Aus melderechtlichen Gründen verlegten die Eheleute im Jahr 2002 ihren Lebensmittelpunkt nach A. In den Steuererklärungen 2002 und 2003 (Streitjahre) machte nun die Ehefrau Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte diesen Werbungskostenabzug jedoch nicht an, da es für die Begründung der doppelten Haushaltsführung keinen beruflichen Anlass gab. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Seit dem Jahr 2002 liegen die Voraussetzungen für den Werbungskostenabzug für eine doppelte Haushaltsführung nicht mehr vor. Für den Tausch des Lebensmittelpunktes mit dem Ort des doppelten Haushalts gab es keine beruflichen Gründe. Die Verlegung des Lebensmittelpunktes von B nach A erfolgte ohne Änderung der Beschäftigungsverhältnisse. Die Versagung des Werbungskostenabzugs verstößt auch nicht gegen Art. 6 GG. Die Frage der beruflichen Veranlassung der Begründung einer doppelten Haushaltsführung berührt das Grundgesetz nicht, so dass sich aus Art. 6 GG kein Anspruch auf den Werbungskostenabzug ableiten lässt.
Hinweis
Das Urteil des FG wird dem System der Einkommensbesteuerung natürlicher Personen gerecht und berücksichtigt, dass Eheleute auch im Falle der Zusammenveranlagung bis zum Gesamtbetrag der Einkünfte zwei eigene Steuersubjekte sind. Demzufolge sind die Tatbestandsmerkmale für die Inanspruchnahme von Erwerbsaufwendungen jeweils getrennt zu prüfen. Die Begründung des doppelten Haushaltes als Voraussetzung für den Werbungskostenabzug für eine doppelte Haushaltsführung muss beim jeweiligen Antragsteller (Ehemann oder Ehefrau) beruflich begründet sein. Melderechtliche Gründe erfüllen diese Voraussetzung nicht. Wirtschaftlich betrachtet ist jedoch zu bedenken, dass den Eheleuten tatsächlich Aufwendungen für einen doppelten Haushalt entstanden sind und dass die Ursache für diese Mehraufwendungen darin liegt, dass beide an verschiedenen Orten arbeiten.
Das Urteil des FG ist nicht rechtskräftig (Az beim BFH: VI R 10/07). Der BFH hat darüber zu entscheiden, ob bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale für eine doppelte Haushaltsführung die wirtschaftliche Betrachtungsweise dominiert oder die rechtlichen Systemgrundsätze eine Vorrangstellung einnehmen.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 26.10.2006, 5 K 29/06