Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Eine Minderung des Vorsteuerabzugs ergibt sich bei erhaltenen Zahlungen von Dritten dann nicht, wenn der Zahlende keine steuerpflichtigen Umsätze ausführt.
Sachverhalt
Die Klägerin produzierte und vertrieb Computer, in die sie Prozessoren von Intel einbaute. Die Prozessoren wurden vom deutschen Distributer von Intel bezogen. Die in den ordnungsgemäßen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von der Klägerin als Vorsteuer abgezogen.
Von der Intel Corporation aus UK erhielt die Klägerin entsprechend der Menge der eingebauten Prozessoren eine Rückvergütung als Maßnahme einer außerordentlichen Preisanpassung (ECAP - Exceptional Customer Adjusted Price).
Das zuständige Finanzamt sah die Erstattung als Minderung der Einstandspreise an und kürzte nach § 17 Abs. 1 UStG entsprechend die Vorsteuer aus dem Kauf der Prozessoren von dem deutschen Distributor. Die Klage ist gegen die Kürzung der Vorsteuer gerichtet.
Entscheidung
Das Gericht hat der Klage stattgegeben.
Nach Auffassung des Gerichts kann sich eine Änderung der Bemessungsgrundlage nur für einen steuerpflichtigen Umsatz ergeben. Die Kürzung der Vorsteuer nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG setzt voraus, dass dem Unternehmer ein steuerpflichtiger Umsatz gegenüber ausgeführt wurde - dies ist im vorliegenden Fall der Verkaufsumsatz durch den deutschen Distributor. Für diesen Umsatz hat sich die Bemessungsgrundlage nicht geändert.
Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich auch kein Berichtigungsanspruch aus § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG. Nach dieser Vorschrift hat ein Unternehmer seinen Vorsteueranspruch zu reduzieren, wenn er außerhalb der Leistungskette eine Rückvergütung erhält. Auch in diesem Fall wäre Voraussetzung, dass sich bezogen auf einen steuerpflichtigen Umsatz eine Bemessungsgrundlage ändern würde. Dies aber ist nicht der Fall, da die Intel Corporation UK eine steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung an den deutschen Distributor ausgeführt hatte und der Distributor einen innergemeinschaftlichen Erwerb besteuern musste, dessen Bemessungsgrundlage sich nicht geändert hat.
Im wirtschaftlichen Ergebnis ist eine Korrektur nach § 17 Abs. 1 UStG nicht notwendig, weil sich die geschuldete Umsatzsteuer des deutschen Distributors und der Vorsteuerabzug der Klägerin weiterhin ausgleichen.
Hinweis
Die Frage der umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen der Rückvergütungen außerhalb der Leistungskette ist spätestens seit dem EuGH, Urteil v. 24.10.1996, C-317/94 - Elida Gibbs, BStBl 2004 II S. 324) ein Dauerbrenner. Nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG muss ein Unternehmer, der außerhalb der Leistungskette für einen Leistungsbezug eine Rückvergütung erhält, seinen Vorsteuerabzug entsprechend anpassen. Nach der Rechtsprechung des BFH soll dies ein Grundprinzip darstellen und sowohl für bezogene Lieferungen wie auch sonstige Leistungen gelten.
Nicht abschließend ist geklärt, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn in der Leistungskette steuerfreie Leistungen ausgeführt werden. Eventuell ergeben sich hier auch neue Erkenntnisse aus einem derzeit anhängigen Verfahren beim EuGH, C-300/12.
Gegen das Urteil ist Revision unter XI R 25/12 anhängig.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 29.09.2011, 16 K 255/10