Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
Die Anrechnung einer Geschäftsgebühr aus dem Vorverfahren auf die Verfahrensgebühr scheidet bei einem Beraterwechsel aus.
Sachverhalt
Zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist umstritten, ob eine im Vorverfahren entstandene Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr im Klageverfahren anzurechnen ist, wenn zwischen dem Vorverfahren beim Finanzamt und dem finanzgerichtlichen Klageverfahren der Berater des Klägers wechselt. Dieser hatte sich im Vorverfahren von einem Steuerberater, im Klageverfahren von einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Nachdem sich die Hauptsache erledigt hatte, wurden dem Erinnerungsführer (der Klägerin) die Kosten auferlegt. Der Kostenbeamte rechnete die Kosten des Rechtsstreits aus und rechnete dabei die Geschäftsgebühr des Vorverfahrens nicht auf die Geschäftsgebühr des Klageverfahrens an. Hiergegen legte der Kläger, nunmehr Erinnerungsführer, das Rechtsmittel der Erinnerung ein, da er der Ansicht war, diese Anrechnung habe zu erfolgen.
Entscheidung
Die Erinnerung wurde als unbegründet zurück gewiesen, da die die Nichtanrechnung der Geschäftsgebühr rechtmäßig sei. Nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG wird eine wegen desselben Gegenstandes nach den Nr. 2300 bis 2303 entstandene Geschäftsgebühr grundsätzlich zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren angerechnet. Dies gelte auch im finanzgerichtlichen Verfahren. Die Anrechnung sei aber hier deswegen ausgeschlossen, weil die Bevollmächtigten im Klageverfahren andere als im Vorverfahren gewesen seien. Dies ergebe sich aus der zivilrechtlichen Rechtsprechung, die auch auf das finanzgerichtliche Klageverfahren zu übertragen sei. Der Sinn der Anrechnung bestehe darin, die Verfahrensgebühr zu mindern, wenn der Bevollmächtigte bereits vorprozessual für den Mandanten tätig geworden sei, da er sich dann bereits in die Sache eingearbeitet habe. Bei einem Bevollmächtigtenwechsel ziehe diese Begründung für die Anrechnung nicht.
Hinweis
Unter Berücksichtigung des Sinns der Anrechnungsbestimmung, nämlich dem Arbeitsaufwand für die Einarbeitung in den Rechtsstreit nur einmal Rechnung zu tragen, erscheint die Entscheidung plausibel. Gerade weil das Kostenrecht nicht im Mittelpunkt der allgemeinen Praxis steht, zeigt die Entscheidung eine Kostenfalle auf, die es zu vermeiden gilt. Werden nämlich für einen Steuerpflichtigen im Vorverfahren und im Klageverfahren unterschiedliche Vertreter tätig, kommt es nicht zu einer Anrechnung der Gebühr aus dem Vorverfahren auf die Gebühr im Klageverfahren. Dieser Aspekt sollte allen steuerlichen Beratern bekannt sein und auch an die Mandanten weitergegeben werden.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Beschluss vom 07.08.2012, 10 Ko 2683/11