Leitsatz
1. Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. gilt nicht, wenn und soweit die Bewirtung Gegenstand eines Austauschverhältnisses im Sinne eines Leistungsaustausches ist.
2. Das Vorliegen eines Leistungsaustausches setzt nicht voraus, dass das Entgelt für die Bewirtung in Geld entrichtet wird. Die Gegenleistung kann u.a. auch in Form einer Werk-, Dienst-, oder Vermittlungsleistung erbracht werden.
3. Das Zuführen von potentiellen Kunden stellt eine die Anwendung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. ausschließende Gegenleistung des Busfahrers für die Bewirtung durch den Raststättenbetreiber dar.
Normenkette
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG a.F., § 299 StGB a.F.
Sachverhalt
Der Kläger betrieb mehrere Autobahnraststätten. Er bewirtete Busfahrer, die mit ihren mit potenziellen Kunden gefüllten Bussen bei seinen Raststätten hielten, ohne dass diese dafür bezahlen mussten. Das FA war der Auffassung, die Aufwendungen für die Bewirtung der Busfahrer seien gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG 2003 zu kürzen. Das FG wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.4.2017, 2 K 11255/15, Haufe-Index 11144420, EFG 2017, 1157).
Entscheidung
Die Revision des Klägers hatte aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen Erfolg, sodass die Aufwendungen für die Bewirtung der Busfahrer ungekürzt abzugsfähig waren. Da deren Höhe nicht im Streit stand, konnte der BFH in der Sache selbst entscheiden
Hinweis
1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass nicht abzugsfähig, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Das Abzugsverbot gilt jedoch nicht, wenn und soweit die Bewirtung Gegenstand eines Austauschverhältnisses im Sinne eines Leistungsaustausches ist. Hierzu gehören z.B. Bewirtungsaufwendungen, die in Teilnehmergebühren wie etwa Seminargebühren eingerechnet worden sind.
2. Ein Leistungsaustausch liegt nicht nur vor, wenn das Entgelt für die Bewirtung in Geld entrichtet wird, die Gegenleistung kann vielmehr u.a. auch in Form einer Werk-, Dienst- oder Vermittlungsleistung erbracht werden. Eine solche Gegenleistung für seine Bewirtung erbringt ein Busfahrer, wenn er eine bestimmte Rast- und Gaststätte mit seinem Bus anfährt und damit dem Gastwirt potenziellen Kunden zuführt. Es kommt nicht darauf an, ob und wie viele Busreisende in der Raststätte tatsächlich Speisen und Getränke konsumieren. Die konkrete Gegenleistung des Busfahrers liegt nämlich darin, dass er die Busreisenden zu der betreffenden Raststätte gebracht und damit die Rahmenbedingungen dafür geschaffen hat, dass die Reisenden Mahlzeiten in der Raststätte zu sich nehmen. Es steht dem Leistungsaustausch auch nicht entgegen, dass der Busfahrer nicht verpflichtet ist, die Raststätte anzufahren. In dem Zeitpunkt, in dem er sich bewirten lässt, nachdem er mit seinem Reisebus vor der Raststätte des betreffenden Gastwirts geparkt hat, hat er seine Leistung erbracht, sodass diese konkrete Bewirtung Gegenstand eines Leistungsaustausches ist.
3. Diese Bewirtungen eines Busfahrers sind nicht nach § 299 Abs. 2 StGB a.F. strafbar, sodass das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG i.V.m. § 299 StGB a.F. nicht einschlägig ist.
Der Tatbestand des im Streitfall einschlägigen § 299 Abs. 2 StGB a.F. setzte u.a. voraus, dass der Bestechende auf den Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs dahin einwirkt, dass dieser im Rahmen seines Dienst- oder Auftragsverhältnisses den Bestechenden (oder einen zu bevorzugenden Dritten) bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen – im Verhältnis zwischen dem Geschäftsherrn und dem Bestechenden (oder zu begünstigenden Dritten) -- bevorzugt (vgl. RG, Urteil vom 21.3.1938, 3 D 154/38, RGSt 72, 132 zu § 12 UWG a.F. als Vorläufervorschrift). Dieser Tatbestand wird bei der Bewirtung des Busfahrers nicht erfüllt, denn zwischen seinem Geschäftsherrn und dem Gastwirt besteht kein Verhältnis, das den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen zum Gegenstand hat. Soweit der Gastwirt seine Raststätte offenhält, geschieht das gegenüber jedermann. Die Bezieher der in der Raststätte angebotenen Leistungen sind die Busreisenden, nicht hingegen der Reiseunternehmer als Geschäftsherr des Busfahrers.
Der BFH hatte zwar einen Fall des § 299a.F. zu beurteilen. Die Begründung, warum § 299 StGB a.F. in einer solchen Konstellation nicht einschlägig ist, dürfte aber auch auf den seit 2015 geltenden § 299 StGB n.F. zutreffen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.4.2018 – X R 24/17