OFD Frankfurt, Verfügung v. 17.2.2015, S 7225 A - 32 - St 16
Bezug: Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 8.12.2014, 7 K 1457/12 ; Anhängiges Revisionsverfahren V R 5 /15
1. Verwaltungsauffassung
Lieferungen von Büchern, Zeitungen und anderen Erzeugnissen des graphischen Gewerbes unterliegen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nummer 49 der Anlage 2 zum UStG grundsätzlich dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Hiervon explizit ausgeschlossen sind jedoch Veröffentlichungen, die überwiegend Werbezwecken (einschließlich Reisewerbung) dienen. Der sachliche Umfang der Steuerermäßigung wird durch den Verweis auf die Vorschriften des Zolltarifs abgegrenzt. Fällt ein Gegenstand unter eine im Gesetz genannte Zolltarifposition, unterliegt seine Lieferung automatisch der Ermäßigung. Ist die Zolltarifposition hingegen nicht im Gesetz erwähnt, kommt der allgemeine Umsatzsteuersatz von 19 % zur Anwendung.
Messekataloge dienen sowohl der Werbung für die Veranstaltung selbst als auch für die einzelnen Aussteller. Die Nennung der zahlreichen und für die verschiedenen Branchen bedeutenden Aussteller im Messekatalog an sich macht auf die Leistungen der Messegesellschaften aufmerksam, nämlich die Organisation und Durchführung einer Veranstaltung, die es einem möglichst großen Kreis von Herstellern oder Verkäufern von Waren oder Dienstleistungen gestattet, diese einem möglichst großen (Fach-) Publikum zur Schau zu stellen, zu erläutern und zu verkaufen.
Die Auflistung aller auf der Messe vertretenen Aussteller bringt die Bedeutsamkeit der Messe zum Ausdruck. Diese in eine sachliche Information gekleidete positive Darstellung der Leistung des Messeveranstalters ist für den potenziellen Besucher im Vorfeld der Messe ein wichtiges Entscheidungskriterium bzw. ein Anreiz, die Messe zu besuchen. Die Anzahl der zu erwartenden Besucher ist wiederum ein entscheidendes Kriterium für den Entschluss eines potenziellen Ausstellers, sich auf einer Messe zu präsentieren.
Die neben den alphabetisch oder nach Ländern geordneten Ausstellerverzeichnissen abgedruckten Waren- oder Dienstleistungsverzeichnisse, wonach der Besucher eine Zuordnung der Aussteller zu bestimmten auf der Messe angebotenen Waren oder Dienstleistungen vornehmen kann, erleichtert ihm die Entscheidung, welchen Aussteller er – auch neben den ihm bereits bekannten Firmen – besucht und beeinflusst dadurch sein Verhalten.
Da es sich mithin um Druckerzeugnisse handelt, die überwiegend Werbezwecken dienen, sind diese Publikationen grundsätzlich in Position 4911 1090 des Zolltarifs einzureihen, auf die in der Anlage 2 zum UStG jedoch nicht verwiesen wird. Umsätze mit diesen Gegenständen unterliegen daher dem Regelsteuersatz. Ein Vergleich mit Telefonbüchern (insbesondere mit den gelben Seiten) ist nicht möglich, da Telefonbücher nicht vorrangig Werbe- sondern allgemeinen Informationszwecken dienen.
Nichtbeanstandungsregelung
Eine generelle Nichtbeanstandungsregelung für solche Fälle, in denen bisher der ermäßigte Steuersatz angewendet wurde, kommt nicht in Betracht. Sofern durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Vertrauenstatbestände geschaffen wurden, besteht für die betroffenen Unternehmer individuell die Möglichkeit der Beantragung von Billigkeitsmaßnahmen.
2. Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 8.12.2014, 7 K 1457/12
Das Hessische FG hat mit dem genannten Urteil die vorstehende Verwaltungsauffassung bestätigt. Die durch das FG beurteilten Messekataloge bestanden laut der Sachverhaltsfeststellung aus folgenden Teilen:
- Teil 1: Kontaktdaten der Klägerin
- Teil 2: Hinweise auf Sonderschauen der Klägerin, die während der betreffenden Messen stattfanden
- Teil 3 und 4: Auflistung der ausländischen Aussteller nach Ländern und aller Aussteller nach dem Alphabet, bei der alphabetischen Auflistung jeweils mit vollständiger Anschrift, Telefonnummer, sowie Mail- und Internetadresse und dem jeweiligen Messestandort
- Teil 5: Auflistung der Aussteller mit Firmenzeichen (Trademark)
- Teil 6: Auflistung der Aussteller mit einer Lizenz unter Angabe der Lizenzbezeichnung
- Teil 7: Alphabetische Liste der ausgestellten Produkte unter Angabe des Messestandorts und eine weitere Liste mit der alphabetischen Zuordnung der Aussteller zu einem bestimmten Produktbereich
- Teil 8: Verzeichnis der Inserenten, die Werbeanzeigen in den Messekatalogen geschaltet haben
- Teil 9: Gelände- und Hallenpläne mit Hervorhebung der einzelnen Produktbereiche
Die Klägerin berief sich auf § 12 Abs. 2 Satz 1 UStG i.V.m. Anlage 2 Nr. 49 Buchst. a oder b. Die Messekataloge sollten als nicht überwiegend Werbezwecken dienende Druckerzeugnisse unter die Position 4901 KN fallen. Nach der Argumentation der Klägerin diene im Ergebnis keiner der oben beschriebenen Teile der Messekataloge Werbezwecken. Es handele sich vielmehr um Nachschlagewerke für den Messebesucher. Diese unterschieden sich aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers nicht von Adress- oder Telefonbüchern. Lediglich die Werbeanzeigen dienten natürlich Werbezwecken, dies geschehe aber nicht...