Leitsatz
Der für den Nachweis der gesunden und handelsüblichen Qualität auszuführenden Rindfleischs unionsrechtlich vorgeschriebene BSE-Schnelltest in einem hierfür zugelassenen Labor ist eine erstattungsrechtliche Hauptpflicht, deren Nichterfüllung auch dann zum Verlust des Erstattungsanspruchs führt, wenn den Ausführer hieran kein Verschulden trifft, weil der Amtsveterinär die zu untersuchende Probe einem für BSE-Schnelltests nicht zugelassenen Labor übergeben hat.
Normenkette
Art. 21 Abs. 1, Art. 35 Abs. 1 VO (EG) Nr. 800/1999, VO (EG) Nr. 999/2001, VO (EG) Nr. 1248/2001, § 10 FlHG, § 5 Abs. 3, § 6 Abs. 1 FlHV, § 1 Abs. 1, § 2 BSEUntersV
Sachverhalt
Ein Unternehmen hatte 2001 Rindfleisch aus seinem Erstattungslager ausgeführt. Das HZA gab die Sicherheit wegen angeblich fehlerhaft ausgeführter Pflichttests auf BSE nicht frei. Das Unternehmen legte daraufhin Bescheinigungen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) als Nachweise zu den Schlachttagen und den von der Landwirtschaftsbehörde seinerzeit ausgewählten BSE-Testlabors vor und räumte ein, dass die im M-Institut getesteten Tiere nicht ordnungsgemäß, nämlich in einem amtlich nicht zugelassenen Labor auf BSE getestet worden seien.
Das HZA fordert die vorfinanzierte Ausfuhrerstattung zurück. Die dagegen gerichtete Klage hatte zunächst Erfolg (FG Hamburg, Urteil vom 16.12.2008, 4 K 124/06, Haufe-Index 2130879).
Entscheidung
Der BFH beurteilte dies anders! Die Untersuchung auf BSE in einem zugelassenen Labor ist Erstattungsvoraussetzung. Wegen des Umstands, dass von der Landwirtschaftsbehörde ein nicht zugelassenes Labor beauftragt worden ist, das Unternehmen selbst also an dem Mangel einer Erstattungsvoraussetzung keine Schuld trägt, muss sich dieses ggf. mit der Landwirtschaftsverwaltung im Rahmen der Staatshaftung auseinandersetzen.
Hinweis
Ausfuhrerstattung wird nicht gewährt, wenn ein Erzeugnis nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität ist, d.h. in der Union unter normalen Bedingungen und der im Erstattungsantrag aufgeführten Bezeichnung vermarktet werden kann.
Daran fehlt es, wenn gegen § 1 Abs. 1 der Verordnung zur fleischhygienerechtlichen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE (BGBl I 2000, 1659, BGBl I 2001, 164) verstoßen worden ist, wonach Rinder im Alter von über 24 Monaten im Rahmen der Fleischuntersuchung mithilfe bestimmter Tests (Schnelltest) auf BSE zu untersuchen waren. Die Laboruntersuchungen mussten in einem behördlich zugelassenen Labor erfolgen.
Ein in nicht zugelassenen Labors durchgeführter Schnelltest steht der Verkehrsfähigkeit des Fleischs und der Erteilung einer Genusstauglichkeitsbescheinigung entgegen, selbst wenn sich nicht feststellen lässt, dass er nicht nach der vorgeschriebenen Testmethode zuverlässig durchgeführt worden ist! Ein Nachweis der gesunden und handelsüblichen Qualität kann also nicht auf andere Weise geführt werden.
Dass der Ausführer das Fehlen einer erstattungsrechtlichen Voraussetzung nicht zu vertreten hat, sondern dieser Mangel auf das Verhalten eines Dritten, unter Umständen einer Behörde, zurückzuführen ist, rechtfertigt es nicht, das Vorliegen der Voraussetzung "handelsübliche Qualität" zu fingieren. Das gilt selbstredend selbst dann, wenn das Fehlen des erforderlichen Tests in einem zugelassenen Labor auf behördliches Verschulden zurückgeht. Das HZA muss sich im Erstattungsverfahren auch nicht etwa jegliches Handeln einer staatlichen Stelle zurechnen lassen. Der gespaltene Rechtsweg für Angriffe gegen Maßnahmen des HZA einerseits, der Landwirtschaftsbehörden andererseits und drittens Staatshaftungsansprüche fordert insofern seinen Tribut!
Wird der dem Ausführer obliegende Nachweis der Erstattungsvoraussetzungen also durch das ihm nicht zuzurechnende pflichtwidrige Verhalten einer Behörde vereitelt, hat jener freilich ggf. einen Anspruch auf Schadenersatz (vgl. BGH, Urteil vom 02.02.2006, III ZR 131/05, NVwZ 2006, 966). Den muss er aber im ordentlichen Rechtsweg geltend machen!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.08.2010 – VII R 47/09