Leitsatz
Nachzahlungen zu Kostenbeiträgen für eine Heimunterbringung eines behinderten Kindes sind bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge des behinderten Kindes erst ab dem Monat der Zahlung zu berücksichtigen.
Sachverhalt
Die Klägerin ist die leibliche Mutter eines im August 1988 geborenen Sohnes, welcher mit einem Grad der Behinderung von 70 und dem Merkzeichen G schwerbehindert ist. Eine Anfrage der Familienkasse (FK) bei der Agentur für Arbeit ergab, dass der Sohn die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung nach § 76 Abs. 1 SGB IX nicht erfülle. Daraufhin hob die FK die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab dem 1.7.2015 auf und forderte das für Juli 2015 gezahlte Kindergeld in Höhe von 140 EUR zurück. Die dagegen gerichtete Klage wurde durch Klagerücknahme abgeschlossen. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Kindergeldantrag für den Monat Januar 2016. Mit der dagegen gerichteten Klage macht die Klägerin zum einen geltend, der Sohn sei aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung seien zudem gegeben. Der Sohn habe zunächst eine Ausbildung absolviert und sei anschließend zum 13.6.2015 in ein Vollzeitbeschäftigungsverhältnis übernommen worden. Nach § 76 Abs. 2 Satz 4 SGB IX sei im ersten Jahr der Beschäftigung nach Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis kraft Gesetzes eine Mehrfachanrechnung (zwei Pflichtarbeitsplätze) gegeben.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass der Klägerin für den Monat Januar 2016 kein Kindergeld zustand.
Ob ein behindertes Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist anhand eines Vergleichs zweier Bezugsgrößen zu prüfen, nämlich der dem Kind zur Verfügung stehenden eigenen finanziellen Mittel einerseits und seinem existenziellen Lebensbedarf andererseits. Die Frage, ob das behinderte Kind überhaupt außerstande ist sich selbst zu unterhalten, ist grundsätzlich nach dem Monatsprinzip zu prüfen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein etwaiger Unterhaltsbeitrag bei der anzustellenden Vergleichsrechnung zu berücksichtigen und mindert die beim Kind als Bezüge anzusetzenden Sozialleistungen. Auch der Umstand, dass die Klägerin die objektive Feststellungslast für einen über den Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 EStG hinausgehenden individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf ihres Sohnes trägt, kann nach Auffassung des FG die von der Klägerin erstrebte Pauschalierung nicht rechtfertigen.
Hinweis
Da das FG die Revision nicht zugelassen hat, ist das Urteil des FG rechtskräftig geworden.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 23.01.2018, 12 K 4010/16 Kg