Leitsatz
1. Für Investitionen einer Kapitalgesellschaft ist die erhöhte Investitionszulage gem. § 5 Abs. 2 InvZulG 1993 zu gewähren, wenn zum Zeitpunkt der Investitionen am Kapital der Gesellschaft mehrheitlich am 9.11.1989 im Fördergebiet ansässige Personen beteiligt waren. Eine mehrheitliche Beteiligung solcher Personen während des gesamten Verbleibenszeitraums wird nicht vorausgesetzt.
2. Die erhöhte Investitionszulage bleibt erhalten, auch wenn die Gesellschaft innerhalb des Verbleibenszeitraums ihr operatives Geschäft einstellt und die geförderten Wirtschaftsgüter an eine andere Kapitalgesellschaft vermietet, sofern diese im Fördergebiet einen in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragenen Betrieb oder einen Betrieb des verarbeitenden Gewerbes (§ 5 Abs. 2 Nr. 2a InvZulG 1993) betreibt. Nicht erforderlich ist, dass am Kapital der Mieterin mehrheitlich Personen beteiligt sind, die am 9.11.1989 im Fördergebiet ansässig waren.
Normenkette
§ 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG
Sachverhalt
Geschäftsgegenstand der Klägerin, einer 1992 gegründeten GmbH, waren Arbeiten im Tief-, Straßen-, Gleis- und Rohrleitungsbau. An der Klägerin waren zunächst die Firma A & Co. mit Sitz in W und Dr. B jeweils zur Hälfte beteiligt; seit 1993 hielten Dr. B 51 % und die Firma A & Co. 49 % des Stammkapitals der Klägerin. Dr. B hatte seinen Wohnsitz bereits am 9.11.1989 in den neuen Bundesländern. Am 8.9.1995 verkaufte Dr. B seinen Geschäftsanteil an die A GmbH & Co. KG (KG) mit Sitz außerhalb des Fördergebiets (W).
Am 19.12.1995 vermietete die Klägerin – unter Aufgabe ihres operativen Geschäfts – ihr gesamtes Anlagevermögen (einschließlich der Immobilien), beginnend mit dem 1.1.1996, an die M.-A GmbH, W, Niederlassung R. Darin wurde der Mieterin das Recht eingeräumt, im laufenden Jahr bestimmte Geräte an weitere Niederlassungen weiterzureichen, jedoch unter der Auflage, dass die Geräte nur in den neuen Bundesländern eingesetzt würden. Sowohl die Klägerin als auch die M.-A GmbH in W, nicht aber deren Niederlassung in R, sind in die Handwerksrolle der jeweils zuständigen Handwerkskammern eingetragen.
Die Klägerin beantragte für die Kalenderjahre 1993 und 1994 erhöhte Investitionszulage (20 % der Bemessungsgrundlage) nach § 5 Abs. 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1993. Das FA gewährte lediglich die Grundzulage in Höhe von 8 % der Bemessungsgrundlage. Klage und Revision waren erfolgreich.
Entscheidung
Die Klägerin könne die erhöhte Investitionszulage beanspruchen, denn zum Zeitpunkt des Investitionsabschlusses seien an ihr mehrheitlich Dr. B beteiligt gewesen, der bereits am 9.11.1989 in der DDR gewohnt hätte. Der Wortlaut des Gesetzes verlange nicht, dass diese Voraussetzung während des gesamten Förderzeitraums erfüllt sein müsse. Auch aus dem Gesetzeszweck folge nichts Gegenteiliges.
Ebenso wenig sei eine Nutzungsüberlassung während des Förderzeitraums an die M.-A GmbH, an der keine ehemalige DDR-Bürger beteiligt seien, schädlich, denn es reiche aus, dass diese die übrigen Förderbedingungen erfülle. Auch genüge, dass sie lediglich in die Handwerksrolle im Westen eingetragen sei, denn bei ihrer Betriebsstätte im Fördergebiet handle es sich um eine unselbstständige Niederlassung. Das Gesetz verlange nicht, dass der Betrieb im Fördergebiet in die Handwerksrolle eingetragen sei. Auch die Einstellung des operativen Geschäfts sei unschädlich, da die Mieterin aktiv am Wirtschaftsleben teilgenommen habe und die begünstigten Wirtschaftsgüter daher ihre positive Wirkung auf die Wirtschaft im Osten hätten entfalten können.
Hinweis
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1993 können Personen, die bereits am 9.11.1989 ihren Wohnsitz in der DDR hatten, eine erhöhte Investitionszulage von 20 % beanspruchen. Gleiches gilt für Kapitalgesellschaften, an denen zu mehr als der Hälfte des Grundkapitals solche Personen beteiligt sind. Diese subjektiven Voraussetzungen müssen nach dem Wortlaut der Vorschrift bei Abschluss der Investition, das ist der Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts, gegeben sein, nicht jedoch während des gesamten Dreijahreszeitraums. Es ist daher unschädlich, wenn der ehemalige DDR-Bürger vor Ablauf von drei Jahren aus der Gesellschaft ausscheidet, es sei denn es lägen Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Gestaltung vor.
Die Regelung über die erhöhte Förderung von 20 % bezweckt, die Entwicklungsbedingungen von mittelständischen Unternehmern aus der DDR im Fördergebiet zu verbessern, die im Vergleich zu Investoren von außerhalb eine wesentlich ungünstigere finanzielle Ausgangslage für Unternehmensgründungen hatten. Hieraus lässt sich jedoch nicht zwingend ableiten, dass – entgegen dem Wortlaut – dieser Personenkreis die erhöhte Investitionszulage nur dann behalten solle, wenn er auch drei Jahre am Betrieb wesentlich beteiligt war.
Auch eine Nutzungsüberlassung innerhalb des Dreijahreszeitraums an eine GmbH ohne Beteiligung ehemaliger DDR-Bürger ist erlaubt, sofern die Mieteri...